Kreismusikschule:Vom Babygarten zum Orchester

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Musizieren kann (fast) jeder - an der Kreismusikschule Erding sogar sechs Monate junge Babys. Am 1. Juni feiert die Schule ihr 40-jähriges Bestehen. Zum Erfolgskonzept gehören auch Finanzierungsangebote für die Eltern.

Yasmin Vetterl

Am frühen Vormittag hört man in der Kreismusikschule in Erding nicht etwa die Klänge der talentierten Orchester im Konzertsaal spielen, viel mehr werden die Räume von Babystimmen und Kinderliedern durchströmt, denn bereits mit einem Alter von sechs Monaten kann der Nachwuchs das Angebot der Musikschule nutzen. Die Kinder, die bereits eins der 40 unterrichteten Instrument erlernt haben, betreten erst am Nachmittag das Gebäude. "Sie müssen ja schließlich am Morgen in der Schule sein", sagt Schulleiter und Geschäftsführer Reinhard Loechle.

Aus dem gesellschaftlichen Leben nicht mehr wegzudenken: Das Orchester der Kreismusikschule Erding spielt seit Jahren zur Kulturpreisverleihung des Landkreises auf. (Foto: Peter Bauersachs)

Gelassenheit und Routine strahlt der Schulleiter aus, es ist spürbar, dass sich der Alltag in der Kreismusikschule gut eingependelt hat. Seit 40 Jahren besteht die Schule nun in Erding und feiert im Juni ihr Jubiläum. Doch der Weg dahin war nicht einfach: In den sechziger Jahren stand die Kreismusikschule immer als Thema im Raum, wurde jedoch von den Verantwortlichen mit Skepsis betrachtet. "Bis dahin gab es so gut wie keine Musikschulen und auch die Stadt Erding hielt es nicht für nötig mit dieser Gewohnheit zu brechen", erinnert sich Schulleiter Loechle. Als die Musikschule in den 1960er Jahren ins Gespräch kam, war er selbst noch Student in München, doch Mentor und Förderer der Schule, Hans Zehetmair, bahnte den Weg für die Kreismusikschule und überzeugte die Gemeinden von der Idee.

1971 nahm die Schule schließlich mit finanzieller Hilfe der heutigen Volkshochschule ihren Betrieb mit nur vier Lehrkräften und 150 Schülern auf. Bis zum Schuljahr 2010/11 stieg die Zahl der Schüler auf rund 2800, die nun von 75 Lehrkräften unterrichtet werden.

Die Schule hat ein vielfältiges Angebot vom Einzelunterricht über die musikalische Früherziehung bis hin zum "Babygarten". Dort können Eltern mit ihrem Nachwuchs von sechs Monaten an Kinderlieder erlernen und den ersten Kontakt zur Musik herstellen. "Die ersten musikalischen Erfahrungen sind enorm wichtig", sagt Loechle. Deshalb sollten Eltern nicht darauf verzichten selbst wenn die nicht so begabt seien.

"Jedes Kinder wird mit dem gleichen musikalischem Talent geboren", sagt er. Damit es nicht verloren gehe, müsse es bereits in den "Babyschühchen" gefördert werden. Doch auch, wenn das in diesem frühen Stadium verpasst worden sei, sei es nie zu spät, um mit der Musik anzufangen. Auch Senioren im Alter von 60 und darüber hinaus würden sich in der Kreismusikschule dafür entscheiden, noch ein Instrument zu erlernen. "Dass dauert zwar länger als bei Kindern, aber wenn die Willenskraft da ist, kann das jeder schaffen", so der Schulleiter.

Dass es auch Eltern gebe, die ihre Kinder zu einem Instrument zwingen wollten, stritt Loechle nicht ab, das komme jedoch in Erding sehr selten vor. "Zudem werden auch die Eltern damit nicht froh. Sie zwingen ihre Kinder zum Üben, bezahlen die Beiträge für die Musikschule und am Ende kommt nichts dabei rum - eine Strategie ohne Überlebenschance."

Die Finanzierung der musikalischen Ausbildung sei ohnehin ein Thema für Loechle: Die Schule lege viel Wert darauf, dass jedes Kind, unabhängig vom sozialen Hintergrund, in den Genuss des Unterrichts komme. Daher biete die Schule viele Ermäßigungen an. Bei finanziell schwachen Familien reiche der Nachlass bis zu 90 Prozent, der Engpass müsse freilich nachgewiesen werden. "Und auch das Bildungspaket kommt bei uns schon zum Einsatz", sagt Loechle. Eltern bekämen so wenigstens 120 Euro jährlich erstattet.

Die Leidenschaft für Instrumente sei auch nicht ganz billig, erzählt der Schulleiter, der seit der Gründung dieses Amt inne hat. Damit die Kleinen bereits mit sechs Jahren das erste Instrument erlernen können, gibt es heutzutage Kinderinstrumente, die von Gewicht und Größe an die Kinder angepasst werden. Da die Schüler aus diesen Instrumenten beinahe jährlich "herauswachsen" würden, biete die Kreismusikschule Leihinstrumente an, um die Kosten für die Eltern ein wenig einzudämmen.

Das Besondere an der Kreismusikschule Erding sei, dass sie auch die Gemeinden des Landkreises in den Unterricht einschließt, sagt Loechle. Die Lehrkräfte unterrichten in den Schulen und Kindergärten, um das Angebot auch im Landkreis auszudehnen. "Nicht typisch für eine Musikschule, daher dürfen wir uns auch Kreismusikschule nennen."

Zur Feier am 1. Juni sind Eltern, Schüler, Lehrer sowie Interessierte eingeladen. Das Orchester der Schule gibt im Konzertsaal eine Kostprobe ihres Könnens. Als Referenten konnte Landrat Martin Bayerstorfer, Vorstandsvorsitzender der Kreismusikschule, Marcel Huber, Leiter der Bayerischen Staatskanzlei, gewinnen.

© SZ vom 09.05.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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