Kommunale Vorschriften:In der Sackgasse

Lesezeit: 2 min

Der Stadtrat stimmt einem Bebauungsplan für die Erdinger Fuggerstraße zu. Schlecht für Dieter Scholz: Er kann nicht mehr so bauen, wie er es gerne hätte

Von Mathias Weber, Erding

"Faszinierend", so kommentiert Dieter Scholz mit ganz viel Sarkasmus in der Stimme eine Entscheidung des Erdinger Stadtrates. Fast alle Stadträte im Planungs- und Bauausschuss hatten jüngst einem Bebauungsplan ihre Zustimmung erteilt, der sich auf eine Hand voll Häuser entlang der Fuggerstraße in Klettham bezieht. Durch den Bebauungsplan ist nun genau geregelt, wie die Häuser in der kurzen Straße - eine Sackgasse - in Zukunft auszusehen haben, wie viele Wohneinheiten in den Gebäuden erlaubt sind oder wie die Dächer der Häuser geneigt sein sollen. Dieter Scholz besitzt die Hälfte eines Hauses in der Fuggerstraße, seine Schwester die andere, und im Gespräch mit der SZ Erding schwankt er zwischen Frustration, Wut und Sarkasmus. Er wiederholt seine schon zuvor geäußerte Vermutung, dass der Bebauungsplan und dessen Vorgaben auf ihn zugeschnitten sind - und so die Pläne, die er für seine Haus hatte, verhindert werden sollen.

Die Vorgeschichte: Scholz wollte das alte Haus wegreißen und ein neues bauen. Es soll so viel Platz wie möglich bieten, nicht nur für ihn und seine Familie. Ein erster Bauantrag war abgelehnt worden, Scholz hatte daraufhin ein zweistöckiges Haus mit Mansardendach geplant, unter dem eine weitere Wohnung untergebracht werden könnte. Wie Scholz noch heute sagt, wäre dieser Bauantrag genehmigungsfähig gewesen. Stadtbaumeister Sebastian Henrich und OB Max Gotz (CSU) vertraten jedoch die Auffassung, der Charakter des Wohnquartiers an der Fuggerstraße müsse geschützt werden, der sei durch ein Mansardendach jedoch in Gefahr, ein neuer Bebauungsplan sei deshalb nötig.

Sieht nicht sehr schön aus: Das Gebäude gammelt vor sich hin. Ein möglicher Neubau dürfte dem Bebauungsplan zufolge nicht viel anders aussehen. (Foto: Renate Schmidt)

Im Februar wurde schon eine Veränderungssperre verhängt, jetzt wurde der Bebauungsplan vorgestellt. Er verbietet in der Tat einiges, was sich Scholz gewünscht hätte. Je Einzelhaus werden nun maximal zwei Wohneinheiten zugelassen, je Doppelhaushälfte eine. Damit ist Scholz' ursprüngliche Idee passé, in seiner Doppelhaushälfte noch eine Wohneinheit unterzubringen. In der Vorlage der Bauverwaltung heißt es, dass durch die Begrenzung der Wohneinheiten zu viel Verkehr im Gebiet vermieden werden soll, auch soll es so zu keinem Geschosswohnungsbau kommen, der nicht dem Charakter der Fuggerstraße entspräche.

Auch das Mansardendach, das sich Dieter Scholz vorgestellt hat, wird nicht möglich sein. "Die im Geltungsbereich zulässige Dachform ist das Satteldach", heißt es in der Vorlage der Bauverwaltung, bei Nebengebäuden seien zudem Pultdächer zulässig: "Die Festlegung orientiert sich dabei an der im Umfeld vorhandenen Bebauung, die ebenfalls Satteldächer aufweist." Außerdem wurden Baulinien festgelegt, um eine "einheitliche bauliche Front an der Fuggerstraße" zu erhalten.

Der Bebauungsplan wurde im Stadtrat allseits gelobt und hat die Zustimmung fast aller Fraktionen erhalten - bis auf die der Grünen, die sich treu blieben. Sie sagten früher schon, dass Scholz' Bauantrag hätte bewilligt werden müssen. "Was mich ärgert ist, dass es nach Willkür aussieht", sagte Grünen-Stadtrat Günther Kuhn vergangenen Februar im Gespräch mit der SZ. Es gebe in Erding genügend Beispiele für Häuser, deren Dachformen deutlich von der in der Umgebung gebräuchlichen abweichen.

Die Unterstützung der Grünen hat Dieter Scholz auch nicht mehr geholfen. Seine Doppelhaushälfte steht leer, genauso wie die angrenzende, die seiner Schwester gehört. Ursprünglich hatte es sich um ein Haus gehandelt, das seine Eltern - nach dem Krieg aus dem Sudetenland Geflüchtet - 1956 gebaut hatten. Strom, Wasser und Gas sind abgestellt, das Haus ist in keinem guten Zustand. Scholz sagt, das Gebäude habe ihm bisher einen Verlust von 60 000 Euro eingebracht; wäre sein Bauantrag durchgegangen, würde ein neues Haus schon lange stehen. Jetzt will er im Rahmen der öffentlichen Auslegung zumindest Einspruch gegen den Bebauungsplan einlegen, sagt Scholz, er rechne aber mit keinem großen Erfolg.

"Die Stadt nimmt mir meine Altersvorsorge", sagt der selbständige IT-Dienstleister - und droht damit, mit seiner Firma Erding zu verlassen. Ursprünglich wollte er in der Fuggerstraße leben und dort alt werden. Dass er das Grundstück, auf dem sein Haus steht, wahrscheinlich für viel Geld verkaufen könnte, sagt er, sei ihm da auch kein Trost.

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: