Kommentar:Zum Wohle des Stadtbildes

Lesezeit: 1 min

In der Großen Kreisstadt wird sehr hochwertig gebaut. Einerseits, weil das Geld da ist, andererseits, weil das Bauamt und dessen Chef Sebastian Henrich architektonisch denken

Von Mathias Weber

Das hätte man so nicht erwartet: Eigentlich hätte man gedacht, die knallig orangen Vorhänge im neuen Kinderhaus am Altenerdinger Ludwig-Simmet-Anger, die so hart mit der Holzfassade brechen, seien eine Spielerei der Architekten. Fehlanzeige: Die Stadt als Bauherr wollte die Farben, als Reminiszenz an die farbige Grundschule gegenüber. Überhaupt hat Architekt Martin Riehl nur Lob übrig, was die Zusammenarbeit mit der Stadt angeht. Man habe eine "befruchtende" und "intensive Zusammenarbeit" gehabt, auch wenn die Stadt ein strenger Bauherr gewesen sei. Das Bauamt habe jedes Detail sehen wollen und eine ständige Präsenz des Architekturbüros in Erding gefordert - für das Geld, das man ausgegeben hat, ist das wohl auch zu erwarten. Und das gelungene Ergebnis spricht für sich.

Die öffentliche Hand baut in der Großen Kreisstadt, das zeigt dieses Projekt wieder, sehr hochwertig. Einerseits, weil das Geld da ist, andererseits, wie Architekt Riehl sagt, das Bauamt - und dessen Chef Sebastian Henrich - "architektonisch denken". Da hat er recht, man findet an vielen Ecken in Erding hervorragende Architektur, nicht nur von der öffentlichen Hand. Auch bei privaten Bauherren achtet das Bauamt sehr genau auf eine gute Verträglichkeit. Aber Bauen ist wie sich Einkleiden: Man kann noch so lange Stil beweisen, irgendwann macht man doch einen Fehlkauf. Zum Beispiel der von einem privaten Bauträger entwickelte "Tassilohof" in der Gießereistraße, der in seiner überdimensionierten Kubatur und der ultramodernen Gestaltung kein bisschen mit der Umgebung harmoniert. Oder die umstrittene neue Zentrale der Erdinger Stadtwerke Am Gries, der manche dieselben Probleme bescheinigen. Das Gebäude ist übrigens dieses Jahr nicht bei den Architektouren dabei.

Baulich lastet derzeit ein unglaublicher Druck auf der Stadt. In Baugebieten im Osten und Westen entstehen Hunderte neue Wohnungen. Die Vorgaben durch die Bebauungspläne an die privaten Bauträger sind jetzt schon streng. Doch wie man das Erdinger Bauamt und seinen Leiter kennt, wird es keine Konzessionen an die Bauträger geben. Man wird und soll streng bleiben - zum Wohle des Stadtbildes.

© SZ vom 23.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: