Kommentar:Zum Wandel gezwungen

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Die Erdinger Unternehmer sind nicht so engagiert, wie sich die Stadtpolitik das wünscht. Nun sind zumindest die Einzelhändler dazu gezwungen, über ihre Strategie nachzudenken

Von Antonia Steiger

Die neue Haltung des Erdinger Stadtrates, der die vier verkaufsoffenen Sonntage pro Jahr nicht mehr einfach durchwinken will, wird dem Einzelhandel missfallen. Denn tatsächlich sind die vier Sonntage wichtig für den Umsatz - vor allem in der Innenstadt. Paare und Familien bummeln sonntags gerne durch die Geschäfte, gehen Kaffee trinken oder essen, weil der Sonntag freier von Zwängen ist als jeder andere Tag, weil alle Zeit haben und weil vielen auch ein bisschen langweilig ist. Gute Voraussetzungen für ein gelungenes Einkaufserlebnis, bei dem man sich gerne von seinen Euros trennt.

Doch das reicht dem Gesetzgeber bekanntlich nicht aus. Auch Wortmeldungen im Stadtrat zeigten, dass die Fürsorge für die Beschäftigten im Einzelhandel bei vielen einen hohen Stellenwert hat. Nicht jedoch bei allen, wenngleich es jenen an guten Argumenten mangelte: In Bayern gebe es mehr Feiertage als im Rest Deutschlands und in Deutschland einen höheren Urlaubsanspruch als im Rest Europas, sagte Hans Egger (Erding jetzt). Das wäre ja quasi schon ein Ausgleich für die Arbeit, die Verkäufer an vier verkaufsoffenen Sonntagen zu leisten hätten. Ein Argument, das besser zum Starkbieranstich passt. Auch Egger sah das wohl selbst so, denn am Ende stimmte er mit dem gesamten Stadtrat für die Neuregelung, die den Einzelhändlern ein deutlich größeres Engagement abverlangt. Wollen sie künftig am Sonntag öffnen, müssen sie für ein attraktives Rahmenprogramm Sorge tragen. Damit verhält sich die Stadt nicht unternehmerfeindlich, sondern gesetzeskonform - auch wenn das nicht nur bei den Händlern, sondern auch bei den Kunden Verdruss auslöst.

Gotz bemängelte den fehlenden Enthusiasmus der Einzelhändler nicht nur bei der Ausgestaltung der verkaufsoffenen Sonntage, ihm fehlte auch eine leidenschaftliche Reaktion zum Beispiel n Form einer Unterschriftenliste auf die von ihm angestoßene Diskussion. Auch mit der Resonanz auf den Zukunftsplan Gewerbe 2030 ist er unzufrieden: Nur 13 Prozent aller Gewerbetreibende hatten den Frageboten ausgefüllt. Aufbruchsstimmung sieht tatsächlich anders aus, doch den meisten geht es wohl recht gut in der wirtschaftlich prosperierenden Region Erding. Zumindest die Einzelhändler zwingt Gotz nun aber zur Veränderung, falls sie Liebgewonnenes wie die verkaufsoffenen Sonntagen bewahren wollen. Ob er die Einzelhändler damit aus der Reserve locken kann, wird sich zeigen.

© SZ vom 25.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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