Kommentar:Ziemlich lahmarschig

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Was das Verteidigungsministerium als Begründung für die verzögerte Schließung des Fliegerhorstes Erding liefert, ist nicht glaubwürdig. Das wirft kein gutes Licht auf die Bundeswehr

Von Antonia Steiger

Die Bundeswehr war über Jahrzehnte hinweg ein wohlgelittener Partner in Erding. Vielleicht nicht bei Pazifisten und nicht bei den Bewohnern der Freisinger Siedlung, über deren Köpfe die Jets hinweggedonnert sind. Aber bei Politik, Schulen, Wirtschaft und Arbeitnehmern. Und bei Hilfsbedürftigen und ihren Fürsprechern, die das soziale Engagement der Truppe zu schätzen wissen. Auf den letzten Metern wird nun aber Porzellan zerschlagen. Sieben Jahre ist die Entscheidung alt, dass der Fliegerhorst aufgelöst wird. Das war damals ein Schock, man hat ihn mit Mühe überwunden. Doch nun droht eine Hängepartie, noch dazu mit ungewissem Ausgang.

Dass Baumaßnahmen sich verzögern, kann passieren. Dass diese Baumaßnahmen als Grund für einen verzögerten Abzug nur vorgeschoben werden, darf nicht passieren. Jetzt schiebt das Verteidigungsministerium allerdings eine Begründung nach, die noch absurder klingt: Man brauche einen Neubau für eine Einheit, die Wettergeräte technisch wartet. Die kleine Einheit ist Teil des viel größeren Elektronikzentrums der Bundeswehr, das der Streitkräftebasis unterstellt ist, die mit der Luftwaffe noch nicht einmal viel zu tun hat. Fünf Jahre benötigt man angeblich für den Bau eines einstöckigen Flachbaus, in dem Wettergeräte repariert werden. Ziemlich lahmarschig für eine Institution, die gerne für entscheidungsstark und entschlossen gehalten werden möchte.

Erding ist nicht der einzige Standort, den die Bundeswehr offenbar nur widerwillig verlässt. Ob Sonthofen, Kaufbeuren oder Fürstenfeldbruck: Alleine in Bayern wird die Schließung von drei Standorten auf 2023 oder 2024 verschoben, stets mit dem Hinweis auf Baumaßnahmen. Da liegt der Verdacht nahe, dass sich das Verteidigungsministerium es schlicht noch einmal überlegen möchte, ob es die Standorte überhaupt aufgeben will. Eine üble Perspektive für die Kommunen, eine Hiobsbotschaft für Erding.

Für das Areal gibt es Pläne, die nicht nur Wohnbebauung einschließen, sondern auch Gewerbe, Freizeit und Grünflächen. Erding hatte auch gehofft, die private Hochschule für angewandtes Management zurückholen zu können, ein Campus war geplant. Die Hochschule hat sich mittlerweile nach Ismaning zurückgezogen, aber immer wieder betont, dass sie gerne in ihre Heimat zurückkehren würde. Ob das unter diesen Bedingungen noch gelingt, ist fraglich.

© SZ vom 13.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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