Kommentar:Von Anfang an eine Fehlkonstruktion

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Die Pleite des Dax-Konzerns Wirecard muss für den Erdinger Kommunalpass für Flüchtlinge endlich das Ende bedeuten

Von Florian Tempel

Der Kommunalpass, die bayernweit einzigartige Erdinger Geldkarte für Flüchtlinge, ist von Anfang an eine Fehlkonstruktion gewesen. Die Chipkarte versagte in Apotheken, bei der Post, am Fahrkartenautomaten und sogar in manchen Supermärkten. Hoffentlich hat der Kommunalpass nun endgültig den Geist aufgegeben. Dass die Pleite des Dax-Konzerns Wirecard sein Ende einläutet, ist ein Stück Realsatire, genau so grotesk, wie der Beginn der unsäglichen Kommunalpassgeschichte.

Die Einführung des Flüchtlingsgeldkarte war ein Alleingang von Landrat Martin Bayerstorfer, der sich einen ganz eigenen Beitrag zur Asylpolitik leisten wollte. "Bargeld schafft falsche Anreize", war seine fixe Vorstellung, die er damals mantrahaft wiederholte und die ihn auf die absurde Idee brachte, Flüchtlinge ganz einfach von jeglichem Bargeldbesitz abzuschneiden. Das war jedoch so unzumutbar, dass er bald schon wenigstens teilweise Geldabhebungen zulassen musste. Die völlig willkürlich getroffene Festsetzung eines bestimmten Prozentsatzes offenbarte aber erneut, dass Bayerstorfer den Kommunalpass gezielt als schikanöses Instrument gegen geflüchtete Menschen einsetzte.

Als angebliche Vorteile des Kommunalpasses ließ er verbreiten, mit der Geldkarte ließe sich auch der Missbrauch von Asylleistungen gut nachweisen. Es ist der größte Witz in der Geschichte des Kommunalpasses, dass er dazu nur im bizarren Fall des Bundeswehrsoldaten Franco A. gebraucht wurde, der sich als syrischer Flüchtling ausgab und einige Zeit im Landkreis aufhielt. Das Bundeskriminalamt konnte anhand seiner Einkäufe mit dem Kommunalpass nachvollziehen, wo er wann war. "Das BKA hat sich nach Abschluss der Fahndung bei uns bedankt", erzählte Bayerstorfer vor zwei Jahren mächtig stolz seiner Heimatzeitung.

Abgesehen von anderen Bundeswehrsoldaten, die sich womöglich ebenso als Flüchtlinge ausgeben könnten, gibt es wirklich keinen Grund mehr, am Kommunalpass festzuhalten. Die Ablösung muss nicht erst erfunden werden: Schon 2016, im Jahr als der Kommunalpass eingeführt wurde, trat ein Gesetz in Kraft, das jedermann und explizit auch Geflüchteten, das Recht auf ein Basiskonto bei der Bank seiner Wahl garantiert.

© SZ vom 03.07.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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