Kommentar:Vollendeter Skandal

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Mit von Anfang an falschen und schlechten Gründen ist der bisherige Träger aus dem Frauenhaus rausgeworfen worden.

Von Florian Tempel

Landrat Martin Bayerstorfer hat sein Ziel erreicht. Der Sozialdienst katholischer Frauen München (SkF) wird aus dem Frauenhaus Erding rausgeschmissen. Einfach so, ohne Sinn und Notwendigkeit, aus Willkür. Das Vorgehen ist skandalös, das Ergebnis zerstörerisch. Das langjährige Team der Ehrenamtlichen wird nicht mehr weiter im Frauenhaus mitarbeiten. Die Frauen, die aktuell im Frauenhaus vor ihren gewalttätigen Partnern Zuflucht suchen, werden schwer verunsichert, wie es mit ihnen weitergehen wird. Und ein weiterer, kaum geringerer Skandal ist, dass der Landkreis sich mit der Neuvergabe des Frauenhauses auf unglaubliche Art und Weise verdienter Mitarbeiterinnen entledigt.

Das Frauenhaus Erding ist eine Einrichtung des Landkreises, nicht die des SkF. Der Sozialdienst katholischer Frauen führt und betreibt es und stellt gewissermaßen als Subunternehmer das Fachpersonal. Die Mitarbeiterinnen des Frauenhauses arbeiten also für den Landkreis - und werden nun durch diesen ihre Jobs los. Hier verlieren nach Tarif bezahlte Arbeitnehmerinnen mit der Begründung ihren Arbeitsplatz, sie seien zu teuer. Kurz gefasst: Der Landkreis Erding wirft Personal wegen zu langer Betriebszugehörigkeit raus.

Landrat Bayerstorfer, der selbst gar nicht mehr davon spricht, dass ihm das alles zu teuer wäre, versteckt sich bei der Begründung seiner üblen Entscheidungen mittlerweile hinter angeblichen gesetzlichen Zwänge. Was er von Juristen seiner Behörde vortragen ließ, ist allerdings eine unfassbar verdrehte rechtliche Sichtweise. Angeblich habe auf den Ausstieg des Landkreis Freising aus der gemeinsamen Frauenhausfinanzierung dem SkF gekündigt werden müssen. Allen Ernstes will man uns weismachen, dass eine Entscheidung Freisinger Kommunalpolitikern, denen das Erdinger Frauenhaus zu teuer vorkam, den Erdingern jede eigene Entscheidungsbefugnis genommen habe. Das ist absurd. Der Landkreis hätte seinem Frauenhausträger, mit dem nur er allein seit 25 Jahren einen Vertrag hatte, natürlich nicht kündigen müssen. Denn er kann unmöglich von Freising aus fremdbestimmt werden. Was uns hier aufgetischt wird, ist ein Märchen und reine Fantasie.

© SZ vom 26.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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