Kommentar:Notwendige Notlösungen

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Es war wichtig, dass die Bundesregierung jetzt schnell gehandelt hat. Wichtiger als Kommunalpolitiker zu Gesprächsrunden zu bitten.

Von Florian Tempel

Die Bundesregierung handelt. Endlich. Sie tut etwas, was aus Bayern in den vergangenen Tagen und Wochen völlig zurecht immer wieder angemahnt wurde. Angesichts der vielen tausend Flüchtlinge, die noch auf dem Weg nach Deutschland sind, ist die Einrichtung von wirklich großen Notunterkünften - so sehr sie auch nur eine Notlösung sind - offensichtlich unbedingt erforderlich. Allein in Österreich trafen am Montag wieder mehr als 5000 Menschen ein. In wenigen Tagen werden sie oder andere Flüchtlinge in Erding am Fliegerhorst ankommen. Dass der Bund bei der Suche nach Standorten, wo sich Notunterkünfte für mehrere tausend Menschen einrichten lassen, den Erdinger Fliegerhorst ausgewählt hat, ist dabei nur in einer Hinsicht überraschend: als verblüffende Erkenntnis, dass die Flüchtlingstrecks tatsächlich vor unseren eigenen Türen stehen.

Man kann die Bundeskanzlerin dafür kritisieren, dass sie Flüchtlinge nach Deutschland eingeladen hat, ohne vorher durchdacht zu haben, welche Dynamik ein einziger Satz auslösen kann. Doch dass Merkel ihre Regierung dazu gebracht hat, nun endlich zu handeln und zusammen mit Bundeswehr, Technischem Hilfswerk und Rotem Kreuz Notunterkünfte für Menschen einzurichten, die sich in elenden Trecks durch Südosteuropa nach Deutschland schleppen, kann man nicht kritisieren. Die Menschen brauchen, sobald sie hier sind, ein erstes Dach über dem Kopf, das sie vor Regen und Kälte schützt, etwas Warmes zu essen und wenigstens eine grundlegende medizinische Versorgung. Das ist keine Katastrophe für Deutschland, Bayern und Erding, sondern eine humanitäre Verpflichtung und das Minimum, das es zu erfüllen gilt.

Dass die lokalen Behörden und die Kommunalpolitik nicht in die Entscheidung, ein großes Auffanglager in Erding einzurichten, eingebunden waren, mag Landrat Martin Bayerstorfer beklagenswert finden. Doch der Kreisvorstand der CSU, deren Vorsitzender Bayerstorfer ist, hat erst kürzlich bei seiner jüngsten Sitzung die Bundesregierung massiv dafür kritisiert, sie tue zu wenig und handle zu langsam. Nun zeigt der Bund endlich Aktivität und zugleich hohes Tempo. Die Einbindung von Bundeswehr, Technischem Hilfswerk und Rotem Kreuz, die sich alle drei auf schnelles Handeln verstehen, war sicher entscheidender und wichtiger, als kommunale Behörden und Amtsträger zu Gesprächsrunden zu bitten.

© SZ vom 22.09.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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