Kommentar:Kommunen nicht alleine lassen

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Baugebiete im Eiltempo? Das muss nicht schlecht sein, aber die Gemeinden brauchen Führung

Von Gerhard Wilhelm

Die Immobilienverbände jubeln, die Naturschützer jammern. Der Bundestag hat fast klamm und heimlich im Städtebaurecht eine EU-Richtlinie umgesetzt. Über das "Wie" lässt sich streiten, denn eigentlich verlangt Richtlinie 2014/52/EU, dass bei neuen Baugebieten zunächst die Umweltfolgen untersucht werden müssen. In Deutschland wird das aber schon lange gemacht, mit der sogenannten "Umweltverträglichkeitsprüfung". Bei der Harmonisierung von EU- und deutschem Recht schlich sich dann eine Ausnahme ein: ab sofort können Gemeinden bis Ende 2019 am Ortsrand Neubaugebiete von einem Hektar Größe im "beschleunigten Verfahren" ausweisen - ohne jene lästige Umweltverträglichkeitsprüfung und ohne langwierige Anhörung von Behörden oder Verbänden.

10 000 Quadratmeter ist für eine Stadt wie Erding oder Dorfen keine Größe. Aber für kleinere Ort vielleicht schon. Und: Es kommt immer darauf an, was man zulassen will. Einfamilienhäuser? Zieht man die benötigten Flächen für die Erschließung ab, bleibt bei einem Hektar Platz für rund 14 Häuser, bei Reihenhäuser käme man schon auf etwa 20 bis 22 und bei Mehrfamilienhäusern vielleicht bei mehr als 30 Wohneinheiten. Bei einem kleinen Ort mit rund 100 Einwohnern macht das schon ein Unterschied.

Im Prinzist ist das neue, vereinfachte Verfahren gut: Auch im Landkreis steigen die Preise, bei den Grundstücken und bei den Mieten. Die immense Nachfrage in der boomenden Region übersteigt bei Weitem das Angebot und der Druck kann letztlich nur durch mehr Bauland verringert werden. Allerdings sollte man den Kommunen ein paar "Anweisungen" in die Hand geben: Zum einen, dass vorher geprüft werden muss, ob nicht das gleiche Bauvolumen durch eine Schließung der Baulücken innerorts und dem Auffüllen am Ortsrand erreicht werden kann. Und zum anderen sollte geregelt werden, dass das Wachstum dem Ortsbild verträglich ist. Erstens durch die Art der Bebauung und zweitens durch eine prozentuale Begrenzung. Mehr als maximal zehn Prozent Bevölkerungswachstum bis Ende 2019 verträgt kein Ort.

© SZ vom 16.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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