Kommentar:Keine Zeit zum Bilanzieren

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Auch wenn es im Landkreis gelingt, bis Jahresende Wohnraum für 1000 Flüchtlinge zu haben, ist damit nur das Notwendigste erreicht

Von Florian Tempel

Die Flüchtlingskatastrophen im Mittelmeer machen in aller Deutlichkeit klar, dass die Zahl der Verzweifelten, die in Europa Zuflucht suchen, nicht abreißt, sondern noch einmal enorm zunimmt. Den Prognosen nach wird der Landkreis Erding bis Ende dieses Jahres mehr als 500 Menschen aus den Kriegs- und Krisengebieten der Welt aufnehmen müssen. Das sind mehr, als bisher hierher kamen. Es ist anerkennenswert, dass das Landratsamt, die Stadt Erding und anderen Kommunen es schaffen, in den kommenden Wochen und Monaten viele neue Flüchtlingsunterkünfte bereit zu stellen.

Das in den vergangenen Jahren immer wieder angestimmte Lamento, wie ungemein schwierig es doch sei, im Landkreis Wohnraum zu finden, ist angesichts der Flüchtlingskatastrophen verstummt. Wenn so viele Menschen auf der Flucht nach Europa sterben, verbietet es sich über Wohnungsknappheit zu klagen. Flüchtlinge aufzunehmen ist keine störende oder lästige Pflichtaufgabe, sondern eine humanitäre Verpflichtung, die ein mit Frieden und Wohlstand gesegnetes Land erfüllen muss. Wir dürfen uns froh schätzen, wenn wir helfen dürfen und dass wir es können.

Die Bürgermeister und Gemeinderäte aller Kommunen dürfen sich nun aber auf keinen Fall zurücklehnen und zufrieden bilanzieren, was man alles schon geschafft hat. Auch wenn es im Landkreis gelingt, bis Jahresende Wohnraum für 1000 Flüchtlinge zu haben, ist damit nur das Notwendigste erreicht. In den kommenden Jahren werden noch mehr Menschen kommen. Und diejenigen, die schon da sind, sollen um Himmels Willen nicht auf Dauer in Asylunterkünften bleiben. Sie brauchen richtige Wohnungen, um sich bei uns ein neues Leben aufbauen zu können. Diese Herausforderung, auf die es noch keine Antworten gibt, muss jetzt in jeder Kommune mit konkreten Ideen und Planungen angenommen werden. Das ist ebenso dringlich, wie derzeit der zügige Aufbau von Containerwohnanlagen.

© SZ vom 22.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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