Kommentar:Grundkurs Rhetorik

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Alexander Dobrindt kann gut reden. Das ist unzweifelhaft, aber nicht alles

Von Florian Tempel

Alexander Dobrindt beherrscht die Kunst der politischen Rhetorik nicht schlecht: "Ich kann zu allem etwas sagen - ob es zur Zufriedenheit beiträgt, ist etwas anderes", räumte der Bundesverkehrsminister im Dorfener Jakobmayer ein. Was er zu verkünden hatte, war eine beachtliche Mischung aus zwei, drei klaren Aussagen und vielem anderen. Er sagte wenig Klares, das aber mit großer Selbstgewissheit.

In seiner allgemeinen Einführung dozierte Dobrindt zunächst so dialektisch, wie das früher in der Oberstufe im Deutschunterricht Pflicht war. Er halte es für "unzweifelhaft", dass "die Mobilität einer der Erfolgsgaranten für eine wirtschaftlich erfolgreiche Region" sei. Auf der anderen Seite erkenne er aber auch die Antithese an, dass "dieses Positive (. . .) mit erhöhten Belastungen" der Bevölkerung verbunden sei. Gleichwohl - so seine raffinierte Synthese - sei es keineswegs ausgeschlossen, beides in Einklang zu bringen: Man könnte Straßen und Schienen so ausbauen, dass sich bestehenden und zusätzliche Belastungen verringerten, zum Beispiel durch klugen Lärmschutz: "Das ist er Schlüssel, um Akzeptanz in der Summe zu kriegen." Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) akzeptierte Dobrindts Haltung ganz und gar. Er erklärte, aus der "freiheitlich-demokratischen Grundordnung" Deutschlands leite sich ein "Grundrecht auf Mobilität" ab. Und um dieses zu gewährleisten und, "damit der Landkreis Erding so wirtschaftlich erfolgreich bleibt", gebe es eben "erforderliche Neubaumaßnahmen".

Was soll man da noch sagen. Wir leben in Bayern, die Mehrheit der Bürger hat freiheitlich-demokratisch die CSU gewählt und damit gilt hier deren Weltbild. Der Freistaat ist die Vorstufe zum Paradies, und immer währender Straßenbau bleibt ein ebenso sakrosanktes Dogma. Beton und Asphalt kurbeln die Wirtschaft an und machen uns Bayern auf Dauer noch glücklicher, als wir eh schon sind. Der blöde Verkehrslärm lässt sich mit Mauern, Wänden und Erdwällen abschirmen. Das ist nicht nur kein Problem. Der Bau von Lärmschutzmaßnahmen steigert sogar noch einmal das Bruttosozialprodukt. Na also, da haben wir es, eine klassische Win-Win-Situation. Die finale Schlussfolgerung liegt auf der Hand: Es gibt keinen Grund, Verkehr zu reduzieren. Das wäre geradezu fatal, denn wir würden uns ins eigene Fleisch schneiden.

Sie meinen, das geht jetzt aber doch zu weit? Sie meinen wohl, das sei bloß ausgemachter Unfug, nichts als rhetorisches Geschwätz?

© SZ vom 05.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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