Kommentar:Geschmack hinten an stellen

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Es gibt viele Gründe, warum man eine Bebauung ablehnen kann. Leidtragende sind die Bauerren und diejenigen, die keine bezahlbaren Wohung haben

Von Gerhard Wilhelm

Wenn Bauanträge oder Bebauungspläne im Gemeinderat behandelt werden, kommen oft Argumente wie "Zu dichte Bebauung passt nicht in den Ort", oder "Wir brauchen eine verträgliche Nachverdichtung", "Es muss eine gesunde, gewachsene Einheit entstehen". Ach ja: schön muss natürlich auch alles werden. Alles zu hören in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats Wartenberg.

Auf der Tagesordnung standen zwei Vorhaben: ein extra Bebauungsplan für zwei Wohnhäuser am Rande von Wartenberg an der Robert-Weise-Straße sowie der Bebauungsplan "Am Bründlhof" mit dem die Klinik Wartenberg Baurecht für bezahlbare Personalwohnungen erhalten soll. Vor allem ersteres ist seit nunmehr fast zwei Jahren ein Paradebeispiel, warum bezahlbare Wohnung im Großraum München Mangelware sind.

Der Bauherr hatte Ende 2016 gemeint, alles richtig gemacht zu haben: er hatte sich über das Baurecht auf dem Grundstück erkundigt (Paragraf 34), das Bauamt des Landratsamtes eingeschaltet, das keine Probleme bei seinem Bauvorhaben sah (zwei Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage und 18 Wohnungen) und eine Bauvoranfrage bei der Gemeinde gestellt, um letzte Punkte zu klären. Was dazu führte, dass die oben genannten Punkte angeführt wurden, das Vorhaben mehrheitlich abgelehnt wurde, und, um ja auszuschließen, dass der Bauherr zuletzt sich Baurecht nach Paragraf 34 einklagt, ein Bebauungsplan aufgestellt wurde. Und weil immer einer noch was zu kritisieren hatte, wird es 2019 werden, bis der Plan gültig ist. Die Folgen: es sind nur noch zehn Wohnungen und der Verzug bedeutet für den Bauherren bestimmt ein satte Baukostensteigerung, weil die Auftragsbücher der Baubrache randvoll sind. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes kletterten die Baupreise alleine von 2017 auf 2018 um mehr als vier Prozent. Auf zwei Jahre gerechnet sind da bei einem Bauvolumen von einer Million Euro rund 80 000 Euro.

Auch die Klinik Wartenberg muss gerade miterleben, dass man zwar sagt, dass es furchtbar schlimm sei, wie die Mieten und Kaufkosten von Wohnungen steigen, weil es zu wenig Wohnungen gibt, und dass man doch dagegen was tun muss - aber bitte nicht bei uns. Zugute kann man den Gemeinderäten eines halten: sie fürchten nicht nur die vielen neuen Bürger, sondern auch Folgekosten in Form von neuen Horten, Kindergärten, Schulen, dem Ausbau der Abwasserbeseitigung und vieles mehr. Denn auf den Kosten bleiben sie zu einem guten Teil sitzen und werden vom Staat nicht genügend unterstützt.

Nichtsdestotrotz sollte man dort, wo Bauherren nachweislich günstigen Wohnraum schaffen wollen, auch einmal Geschmacksgründe zurück stellen. Zu sagen, wenn die Klinik nicht die Stellplatzsatzung einhalten kann, dass sie dann einfach weniger Wohnungen bauen soll, bis es passt, ist eine Frechheit gegenüber allen, die auf bezahlbare Wohnungen angewiesen sind. Autos kann man auch hinter Büschen am Straßenrand verschwinden lassen. Die Klinik will zwei Millionen investieren. Bei jährlich vier Prozent Baukostensteigerung kommt viel Geld zusammen, das sinnvoller verwendet werden kann.

© SZ vom 12.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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