Kommentar:Gemeinsam über eine Kluft hinweg

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Bayerstorfer bediente im Gasthaus Pfanzelt in Langengeisling Bedürfnisse, mit denen Gotz vermutlich einige der 480 Erdinger CSU-Ortsverbandsmitglieder alleine lässt

Von Antonia Steiger

Eine Parteispitze, die Schulter an Schulter marschiert, um den mitunter recht einfach strukturierten Vorstellungen der Mitglieder Geltung zu verschaffen, ist so recht nach dem Geschmack der CSU-Parteibasis. Alle anderen Menschen in Bayern sind dagegen heilfroh über Signale, die darauf schließen lassen, dass innerhalb der CSU um Positionen ernsthaft gerungen wird. Die CSU-Spitze im Landkreis Erding fährt diesbezüglich zweigleisig: Inhaltlich gibt es in der Asylpolitik eine unübersehbare Kluft zwischen dem Kreisvorsitzenden, Landrat Martin Bayerstorfer, und seinem Stellvertreter, OB Max Gotz. Nach außen jedoch versuchen beide, den Eindruck einer absoluten Einigkeit zu vermitteln.

Nicht nur im Stadtrat, sondern auch im Kreise seiner Parteifreunde und sogar im Fernsehen steht Gotz für einen menschenwürdigen, von Verständnis geprägten Umgang mit Flüchtlingen. Da mag es für ihn am Donnerstag tatsächlich eine Überraschung gewesen sein, wie er sagte, dass Bayerstorfer in der Tür stand und ankündigte, ein paar Worte zu sprechen. In welche Richtung diese Rede gehen würde, dürfte Gotz klar gewesen sein. Ob Gotz tatsächlich "aufs Angenehmste" überrascht gewesen sei, ist eine Frage, die ungeklärt bleiben muss.

Bayerstorfer bediente im Gasthaus Pfanzelt in Langengeisling Bedürfnisse, mit denen Gotz vermutlich einige der 480 Erdinger CSU-Ortsverbandsmitglieder alleine lässt: Bayerstorfer geht es darum darzustellen, dass nicht registrierte Flüchtlinge das Recht brächen, dass Sachleistungen besser seien als Geld und dass es Fälle von Kriminalität unter Flüchtlingen gebe. Auch wenn er sagt, er könne es verstehen, wenn jemand vor dem Krieg fliehe, und auch wenn er anfügt, dies alles sei keine unlösbare Herausforderung, so betont er doch vor allem, welch große Belastung die Flüchtlinge seien. Für den einzelnen und für die Gemeinschaft. Für seinen Vortrag bekam er viel Beifall von den Mitgliedern der Erdinger CSU. In der Stadt Erding leben jedoch sehr viel mehr Menschen, als es CSU-Mitglieder gibt. Sie sind überaus froh, dass Gotz auf eine solche Rhetorik komplett verzichtet. Das wäre der Atmosphäre in der Stadt abträglich, wo besonders viele Flüchtlinge - zum Teil vorübergehend - leben und wo sich besonders viele Menschen ehrenamtlich für sie engagieren.

© SZ vom 07.11.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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