Kommentar:Fern vom Bürger

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Die CSU rühmt sich, nah am Bürger zu sein. Doch das war einmal, neuerdings wird der Abstand größer. Auch bei der Entscheidung zum Christkindlmarkt.

Von Antonia Steiger

Die CSU rühmt sich ihres Talentes, ganz nah am Bürger zu sein. Für einen ihrer führenden Politiker im Landkreis galt das ganz besonders: Erdings OB Max Gotz durfte lange als einer gelten, der immer ansprechbar war. Er geht gerne zu Fuß, und zwar so langsam, dass ihn jedermann einholen kann, um ihm seine Sorgen zu erzählen. Neuerdings geht er offenbar schneller als früher. Was die Menschen denken, scheint ihn nicht mehr zu erreichen. Hatte man sich schon gewundert, wie seine Rathausverwaltung einen Beschluss zum Bebauungsplan für den südlichen Thermengarten durchpaukte, der sich in einem wesentlichen Punkt gegen die Pläne der Baugenossenschaft richtete, durfte man an diesem Donnerstag erneut staunen: Da sitzt ein mickriger Ausschuss beieinander und beschließt über den in Erding so beliebten Christkindlmarkt. Er nickt ein Konzept ab, das mindestens in einem Punkt komplett an den Bedürfnissen der Gastronomen vorbeigeht.

Es ist sowieso fraglich, warum der Volksfestausschuss für den Christkindlmarkt zuständig sein soll. Harry Seeholzer wollte den ganzen Stadtrat ins Boot holen und musste sich dafür abkanzeln lassen, dass Ausschüsse überflüssig wären, wenn man sie gar nichts mehr entscheiden lasse. Dieses Thema gehört jedoch vor ein größeres Gremium. Die Qualität der Beratung hat es offensichtlich gemacht: Die CSU sprang dem OB natürlich gleich beiseite, nachdem Seeholzer seinen guten Vorschlag gemacht hatte. Und schon war die Sache entschieden.

Die nächste Stadtratssitzung ist am Donnerstag. Diese Zeit hätte Gotz nutzen können, um den größten Fehler zu korrigieren: Er hätte mit den Gastronomen reden können, ohne deren Zutun der Christkindlmarkt nichts wert ist. Manche haben den Markt mitbegründet, heute hat er den Rang eines gesellschaftlichen Events. Und das ist vor allem ihnen zu verdanken. Jetzt aber hat Gotz sie vor den Kopf gestoßen, und zwar gewaltig. Fast schon fassungslos verfolgten sie die Sitzung und staunten, was da über ihre Köpfe hinweg entschieden wurde. Wenn jetzt einer sagt, er fühle sich machtlos, alles werde von oben diktiert, ist das gut zu verstehen. Es ist eben nicht in Ordnung, eine Verordnung, einen Bebauungsplan oder ein Konzept gegen diejenigen durchzupauken, die man dringend für die Umsetzung braucht - und deren Ansinnen nichts, aber auch gar nichts Unmoralisches anhaftet. Die Baugenossenschaft wollte komplett barrierefrei bauen - und kann das nun nicht. Die Gastronomen wollen ihre eigenen Hütten aufstellen, in die sie Geld investiert haben, damit die Abläufe stimmen - und dürfen das jetzt nicht. Gotz stellte in beiden Fällen in Aussicht, mit den Betroffenen zu reden und sich um einen Ausgleich zu bemühen. Vorher reden, wäre besser gewesen.

© SZ vom 23.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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