Kommentar:Fadenscheiniger Kompromiss

Lesezeit: 1 min

Landrat Bayerstorfer bevormundet die Menschen beim Thema Flüchtlings-Chipkarte

Von Florian Tempel

Landrat Martin Bayerstorfer hat Mist gebaut. Nichts anderes war seine einsam getroffene Entscheidung, mit einem Handstreich den Flüchtlingen in seinem Landkreis den Besitz von Bargeld und die Führung eigener Konten unmöglich zu machen. Er hat damit Hunderte Menschen verängstigt, gedemütigt und vor echte Probleme gestellt. Sein eigenes, vergleichsweise lächerliches Problemchen ist nun, wie er ohne allzu großen Gesichtsverlust aus dem Mist wieder herauskommt. Doch wie er das anpackt, zeigt erneut sein verqueres politisches Selbstverständnis. Bayerstorfer glaubt, mit einem halbherzigen und fadenscheinigen Kompromiss die Sache bereinigen zu können.

Mit derselben hochherrschaftlichen Arroganz, wie er die beim Kommunal Pass vorgesehene Funktion von Bargeldabhebungen sperren ließ, will er nun einen seiner Meinung nach für Flüchtlinge im Landkreis Erding angemessenen Geldbetrag freischalten lassen. Woher nimmt sich Bayerstorfer erneut das Recht, einfach zu tun, was er für richtig hält, statt sich an gesetzliche Regelungen zu halten? In wenigen Tage wird uns eine Presseerklärung aus dem Landratsamt erreichen, dass jeder Flüchtling nun großzügigerweise doch etwas Bargeld haben darf. Vielleicht werden es nur 30 oder 50 Euro sein, vielleicht auch 150 Euro. So oder so aber bleibt es ein Betrag, der nach Bayerstorfers eigenem Gutdünken festgesetzt wird.

Die Chipkarte Kommunal Pass ist an sich keineswegs eine schlechte Idee. Sie erleichtert die Arbeit einer Kreisbehörde, weil sie aufwendige Barauszahlungen überflüssig macht. Und die Flüchtlinge sparen sich gleichzeitig den Behördengang am Auszahltag. Wenn die Chipkarte verloren geht, kann man sie sperren lassen und das gutgeschriebene Geld bleibt sicher. Man könnte - wie nun von der Firma Sodexo klargestellt wurde - sogar kostenfrei an Bankautomaten Bargeld abheben. Die Chipkarte ist voll und ganz akzeptabel und gesetzeskonform, wenn die Abhebefunktion vollständig freigeschaltet wird. Solange aber das nicht der Fall ist, bleibt sie ein inakzeptables Instrument der Bevormundung - einer Bevormundung von Menschen, die keinem Landrat zusteht.

© SZ vom 04.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: