Kommentar:Etwas mehr Optimismus

Lesezeit: 2 min

Klagen sind der Anfang von selbsterfüllenden Prophezeihungen

Von Thomas Daller

Für viele Bürger im Landkreis gibt es ihn noch, den angestammten Friseur, dem man seit Jahren, wenn nicht seit Jahrzehnten die Treue hält. Ein mittlerweile leicht ergrauter Friseurmeister und seine jungen Auszubildenden. Eigentlich kommen in dem Beruf nur noch junge Frauen nach. Ein einziges mal hat uns vor kurzem ein junger Mann als Auszubildender die Haare geschnitten. Ungefragt hat er schon nach etwa fünf Minuten erklärt, er sei aber trotz seiner Berufswahl nicht homosexuell. Wäre uns zwar auch wurscht gewesen, Hauptsache er bringt den Schnitt ordentlich hin, was er auch getan hat. Aber daran erkennt man eben auch den Imagewandel, der in manchen Handwerksberufen vor sich geht. Vor allem in Filmen wurde dieses Klischee so oft bedient, dass dieser Innung der männliche Nachwuchs wegbricht. Aus anderen Gründen haben Bäcker und Metzger Schwierigkeiten, Lehrlinge zu finden. Beim Bäcker sind es oftmals die nächtlichen Arbeitszeiten, die ein unbeschwertes Sozialleben erschweren. Und Metzger ist eben nicht jedermanns Sache, auch wenn die kleinen Metzgereien im Landkreis ganz andere Arbeitsbedingungen als Großschlächtereien bieten.

Aber das sind einige wenige handwerkliche Berufe, in denen es tatsächlich sehr schwer geworden ist, geeigneten Nachwuchs zu finden. In anderen Innungen läuft es gut. Auch das muss einmal betont werden, nachdem die Innungen, die Handwerkskammer und die Kreishandwerksmeister immer wieder jammern, das Handwerk an sich sei nicht mehr attraktiv genug: Die jungen Leute würden nur noch studieren und keiner wolle sich mehr schmutzig machen. Das mag der gefühlt Eindruck sein, die Zahlen geben das jedoch nicht her. In gar nicht so wenigen Handwerksberufen ist die Zahl der bestanden Gesellenprüfungen in den vergangenen zehn Jahren sogar konstant gestiegen. Das hängt in erster Linie damit zusammen, dass die Handwerker über Berufsinformationstage und bei ähnlichen Anlässen gute Werbung für sich machen. Das Handwerk befindet sich auch im Wandel: Die körperlichen Belastungen, auch in Bauberufen, nehmen ab, technische Fähigkeiten sind immer mehr gefragt.

Deshalb sollten die Betriebe und Kammern mit ihren Klagen über den Gesellenschwund zurückhaltender sein. Denn einerseits trifft das für viele Branchen gar nicht zu und andererseits muss man vorsichtig sein, damit dem Image des Handwerks an sich nicht zu schaden. Wenn sich dieses Bild nämlich bei den jungen Leuten in den Köpfen verankert, werden sie annehmen, dass es dafür Gründe gibt. Und dann wird es für das Handwerk schwerer, sie zu erreichen. Das kann dann zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden.

© SZ vom 27.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: