Kommentar:Empfindlicher Hardliner

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Umstrittene Asylpolitik im Landkreis

Von Florian Tempel

Es ist eine bekannte Tatsache, dass im Landkreis Erding in der lokalen Asylpolitik ein besonders harter Kurs gefahren wird. Und alle, die sich dafür interessieren, wissen, dass Landrat Martin Bayerstorfer nicht nur an sich, sondern auch innerhalb der CSU ein Hardliner ist, der seine persönliche und besonders strikte Haltung in seinem Wirkungskreis rigide durchsetzt.

Bayerstorfer ist allerdings ein sehr empfindlicher Hardliner. Er will partout nicht hören und lesen, dass auf seine Anweisung hin die Mitarbeiter seines Landratsamts bei Arbeitserlaubnissen für Flüchtlinge extrem restriktiv entscheiden müssen. Deshalb darf seine Pressestelle unter keinen Umständen konkreten Zahlen zu den Arbeitserlaubnissen herausgegeben. Die Pressestelle muss stattdessen Mitteilungen verfassen, die den Kritikern die Luft aus den Segeln nehmen sollen. Doch in dem lächerlichen Spagat, bloß keine objektiven Zahlen zu nennen, sind es hilflose und untaugliche Erklärungen. Sie funktionieren nicht wie beabsichtigt, sondern unterstreichen nur einmal mehr Bayerstorfers harte und verhärtete Haltung.

Dabei gibt es auch bei der CSU nicht wenige, die in der Frage der Arbeitserlaubnisse für Asylbewerber und Geduldete für eine menschlichere Linie plädieren. Für viele Christsoziale ist es einleuchtend, bei der Erteilung von Arbeitserlaubnissen den behördlichen Ermessensspielraum zugunsten der Antragsteller zu nutzen. Denn es ist nicht die Frage, ob sich einzelne Behörden mit ihrer unterschiedlichen Genehmigungspraxis "vollkommen rechtstreu" verhalten, so wie es Bayerstorfer für seinen Kurs in Anspruch nimmt. Eine vernünftigere, weniger rigide Haltung bei Arbeitserlaubnissen ist rechtlich überhaupt kein Problem.

Da man im Landkreis Erding ganz andere Dinge hört, folgen hier Aussagen mehrerer Parteifreunde von Bayerstorfer: Christoph Göbel, Landrat des Landkreis München, wiederholt einen einfachen Satz immer wieder, wenn es um Integration von Geflüchteten geht: "Die Menschen müssen arbeiten." Die ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm hat vor einem Jahr gesagt: "Wir sollten jede Chance nutzen, den Menschen, die auf Zeit bei uns sind, möglichst viel an Bildung und beruflicher Qualifikation mitzugeben." Bayerstorfers Ebersberger Amtskollege Robert Niedergesäß klang im Frühjahr ganz ähnlich: "Die Betroffenen müssen nicht die ganze Zeit in der Unterkunft sitzen, sie können ihre Zeit sinnvoll verbringen." Innenminister Joachim Herrmann hat sich im September für eine Arbeitserlaubnis für abgelehnte Asylbewerber ausgesprochen, die nicht abgeschoben werden können. Es sei "sinnvoller, dass jemand einer geregelten Arbeit nachgeht und selbst für seinen Lebensunterhalt sorgt". Und Ministerpräsident Markus Söder hat im Sommer gesagt, man sollte "alle Ermessensspielräume nutzen", um Asylbewerbern den Zugang zu Arbeit und Ausbildung zu erleichtern.

© SZ vom 27.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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