Kommentar:Eine Aufgabe für alle

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Junge Mädchen haben Träume und hohe Ziele, später sieht das anders aus. Die gesamte Gesellschaft muss dabei mitwirken, dass junge Frauen ihren beruflichen Ehrgeiz nicht einfach aufgeben

Von Antonia Steiger

Solange der Schulabschluss in weiter Ferne liegt, lassen Mädchen ihre Fantasie ungehindert schweifen, wenn es um die Berufswahl geht. Ob Pilotin, Polizistin oder Sängerin - alles scheint möglich. Rückt der Zeitpunkt aber näher, an dem entschieden wird, wie es weitergeht im Leben, macht sich etwas breit, was viele für Realismus halten: Einzelhandel, Gesundheitsberufe, Sozialberufe oder das Erziehungswesen scheinen plötzlich gute Perspektiven zu bieten. Dass man doch ursprünglich einmal eine Maschine zum Sortieren von Erdbeeren erfinden wollte, mit einem Pferd auf Verbrecherjagd gehen oder die Umwelt mit einer neuen Erfindung retten wollte, gerät auf einmal in Vergessenheit.

Mit zunehmendem Alter und mit einem wachsenden Schatz an Erfahrungen auch im Umgang mit jungen Männern, von denen viele keinen Zweifel lassen an ihren beruflichen Ambitionen, checken viele junge Frauen ihre eigenen Erwartungen nochmals - mit einem verheerenden Ergebnis: Eine tolle Ausbildung oder das Ingenieursstudium müssen eigentlich doch nicht sein. Lieber etwas Sicheres, das noch dazu mit Familie und Kindererziehung vereinbar ist. Und schon ist der Weg vorgezeichnet in Teilzeitarbeit und in Branchen mit schlechten Karrierechancen.

Jahrzehntelange Diskussionen über Gleichberechtigung und Chancengleichheit haben diesbezüglich bislang noch keine wesentlichen Fortschritte gebracht. Noch immer verzichten viel zu viele junge Frauen darauf, aus Begabung, Ehrgeiz und Schaffenskraft das Beste herauszuholen. Junge Frauen zu ermuntern, berufliche Träume zu verfolgen und eine erfolgreiche Karriere trotz Familien- und Kinderwunsch anzustreben, das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Mütter, Väter, Geschwister, Freunde, Lehrer, Arbeitgeber und natürlich auch Berufsberater müssen dabei zusammenwirken. Und wenn sie schon dabei sind, können sie auch gleich den jungen Männern erklären, dass Arbeitsteilung in der Familie heutzutage eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Mit ein paar Vätermonaten ist es dabei nicht getan.

© SZ vom 07.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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