Kommentar:Ein Wirrwarr von Argumenten

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Nur die Grünen hatten im Juli gegen den Tunnel zwischen den Rathäusern gestimmt. Mittlerweile haben aber auch anderer Zweifel bekommen. Dafür werden sie gescholten.

Von Antonia Steiger

Die Stadträtinnen Jutta Harrer (SPD) und Petra Bauernfeind (FW) mussten sich bei den Haushaltsberatungen vorwerfen lassen, sie ließen die Beratungsqualität der Stadtpolitik in einem schlechten Licht erscheinen, weil sie sich dazu bekannt hatten, an ihrem "Ja" zum Tunnel mittlerweile zu zweifeln. Das kann man auch anders sehen: Ihre Zweifel an den im Juli vorgetragenen Argumenten für einen Tunnel zwischen den beiden Rathäusern haben sich als gerechtfertigt herausgestellt. Denn von diesen Argumenten ist heute kaum noch die Rede. Dafür gibt es ganz neue.

Statt von der Gefahr des Datenverlustes beim Transport eines Aktenordners unter freiem Himmel über knapp 30 Meter hinweg ist jetzt von dem Erweiterungsbau als einem strategisch bedeutsamen Standort die Rede, der im Falle eines nicht näher beschriebenen Szenarios unterirdisch erreichbar sein müsse. Statt von der Fürsorge für die Mitarbeiter ist nun von einem dramatischen Effizienzverlust der Verwaltung die Rede, wenn es diesen Tunnel nicht gibt. Der ansonsten für seine herablassende Schnoddrigkeit bekannte Stadtbaumeister appellierte an die Herzen der Stadträte, man möge die Verwaltung nicht auseinanderreißen. Es gingen Vertraulichkeit, Verlässlichkeit und Verbundenheit verloren.

Da muss man sich ja glatt Sorgen machen um die vielen Mitarbeiter in anderen Behörden und Verwaltungen, die nicht in einem einzigen Haus untergebracht sind und die sich nicht jederzeit unterirdisch zu einem kleinen informellen Plausch begegnen können. Zum Beispiel am Landratsamt Erding. Auch das Amtsgericht Erding hat das Grundbuchamt und die Abteilung für Zwangsvollstreckung ausgelagert.

Dass Harrer an den Argumenten gezweifelt hat, beweist nicht ihre Wankelmütigkeit, sondern ihre Klarsicht. Die vermeintlich besten Argumente für einen Tunnel waren damals nämlich noch gar nicht auf dem Tisch. Warum Gotz und die Rathausspitze erst jetzt damit um die Ecke kamen, ist nicht bekannt. Es drängt sich der Eindruck auf, dass eine Vielzahl von Argumenten verdecken soll, dass eigentlich keines restlos überzeugen kann.

Bleibt die Frage nach dem Wohlbefinden der Rathausmitarbeiter. Es gibt keine Zweifel an deren überragender Leistungsfähigkeit. Es soll ihnen natürlich gut gehen, sie sollen sich wohl fühlen. Dennoch darf bezweifelt werden, dass Wohl und Wehe der gesamten Verwaltung von diesem Tunnel abhängt. Im Gegenteil: Den Mitarbeitern im Rathaus wäre zu wünschen, dass sie sich bei jedem Wetter einen kurzen Spaziergang an der frischen Luft gönnen können - und das ohne dass sie in einem Haus aus- und im anderen einstempeln müssen.

© SZ vom 07.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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