Kommentar:Angebot ohne Nachfrage

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Den jungen Leuten geht es gut in Erding. Aus ihrer Sicht macht die Stadtpolitik keine schlimmen Fehler. Auch das ist ein Grund, warum sich das Interesse am Jugendparlament in sehr engen Grenzen hält

Von Antonia Steiger

Niemandem fiele ein, den Stadtrat dafür zu schelten, dass er jetzt das Jugendparlament stoppt. Vier Interessenten bei 2900 Wahlberechtigten ist eine geradezu deprimierend geringe Quote. Hier passen Angebot und Nachfrage ganz offensichtlich nicht zusammen. Aber was heißt das schon? Dass die jungen Leute sich für Lokalpolitik nicht so rasend interessieren. Dass sie keine großen Probleme haben und dass sie sich durch die Stadtpolitik ausreichend gut vertreten fühlen.

Wer mit 15, 16 oder 17 Jahren politisches Interesse hat, will etwas wissen über die Weltpolitik, über die Entwicklung von Krisenherden, über den Zustand der Umwelt und über den Präsidentschaftswahlkampf in den USA. Wann die Nordumfahrung gebaut wird, warum der Stadtrat sich für einen Bahnhof am Fliegerhorst entschieden hat und wie die Konzepte für einen Hochwasserschutz aussehen, interessiert auch unter den Erwachsenen abseits von Parteien und Verbänden auch nur diejenigen, die unmittelbar davon betroffen sind. Trotz der großen Bedeutung dieser Themen.

Sich über andere Formen von Partizipation von Jugendlichen Gedanken zu machen, ist daher eine lohnenswerte Aufgabe. Jeder weiß, dass auch im Ehrenamt die Zukunft der projektbezogenen Arbeit gehört - auch wenn es Menschen geben muss und geben wird, die die Fäden dauerhaft in der Hand halten. Und so wäre es schön, wenn die städtische Jugendarbeit versucht, junge Leute dazu zu bringen, sich einzubringen. Das Café International im Jugend- und Kulturhaus Sonic, das gerade wieder neu eröffnet wird, ist ein guter Beginn. Initiative könnte auch vom jungpolitischen Stammtisch ausgehen, der sich vor kurzem erstmals traf. Dort zeigten die Teilnehmer, dass ihre Parteizugehörigkeit sie nicht daran hindert, mit Vertretern anderer politischer Richtungen zu diskutieren. Und so halten es meist ja auch die Stadträte, die dieses Mal jedoch einen ihrer raren Ausflüge in parteipolitisches Gezänk unternahmen: Als aus der Ecke SPD/Grüne die Anregung kam, über eigene Fehler nachzudenken, scharte sich die CSU umgehend um Parteifreund und Jugendreferent Hubert Sandtner, um ihn zu verteidigen, was aber überflüssig war. Sandtner hat im Umgang mit den Jugendparlamentariern Durchhaltevermögen und Verhandlungsgeschick gezeigt. Daran zweifelt keiner.

© SZ vom 27.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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