"Keine signifikante Häufung":Komasaufen ist out

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Bei Jugendlichen geht die Zahl der Alkoholvergiftungen zurück

Von Korbinian Hartmann, Erding

Sobald das erste Fass Bier am Erdinger Herbstfest angezapft ist, können sich Volksfestbesucher vor Begeisterung kaum zurückhalten. Mit einer Maß ist der Durst aber oft noch nicht gestillt, und unter den Biertrinkern sind nicht nur trainierte Erwachsene. Viele Eltern hoffen Nacht für Nacht, dass sie keinen Anruf aus dem Krankenhaus erhalten, um dort ihr alkoholvergiftetes Kind zu besuchen. Aber ist die Lage in Erding wirklich so ernst?

Laut Claudia Fiebrandt-Kirmeyer, Pressesprecherin des Landratsamts Erding, gebe es in den Monaten August und September normalerweise "keine signifikante Häufung von eingelieferten jugendlichen Komasäufern im Klinikum Erding". Tendenziell verringere sich die Zahl der Jugendlichen mit Alkoholvergiftung in Erding insgesamt.

Außerdem steige der Altersdurchschnitt: 2017 waren minderjährige Erdinger mit Alkoholvergiftung laut Fiebrandt-Kirmeyer im Mittel 16,8 Jahre alt, heuer liegt der Durchschnittswert bis jetzt bei 17 Jahren und ist damit so hoch wie seit mehr als zehn Jahren nicht. Der bislang jüngste Patient wurde 2009 mit zwölf Jahren eingeliefert, seitdem geht die Altersgrenze tendenziell nach oben. 2014 war der jüngste Patient 14 Jahre alt. Das Verhältnis von Mädchen und Buben liege dabei stabil bei eins zu zwei.

Auch Polizeiinspektor Anton Altmann bestätigt, dass sich seit einigen Jahren die Zahl der jugendlichen Komasäufer auf dem Herbstfest reduziert. "In den vergangenen drei Jahren pendelte der Wert zwischen drei und vier, 2013 und 2014 haben wir hingegen noch zehn hilflose Jugendliche aufgegabelt", sagt Altmann. Der Polizeiinspektor bezieht sich dabei auf Kinder zwischen 13 und 18 Jahren. Allerdings handelt es sich dabei ausschließlich um bekannte Fälle, "über die Dunkelziffer wollen wir gar nicht sprechen", so Altmann.

Die betrunkenen und offensichtlich hilflosen Jugendlichen, die von den Beamten auf dem Herbstfest wahrgenommen werden, kommen laut Altmann zunächst in Polizeigewahrsam. In der Regel ziehe man die Eltern hinzu, in ernsten Fällen müssten sie jedoch auch medizinisch versorgt werden. Damit es aber gar nicht so weit kommt, seien Polizei und Jugendamt vor Ort, um auffällige Gestalten aus dem Verkehr zu ziehen. "In erster Linie sind aber die Ausschank-Wirte dazu angehalten, auf die Konsumenten zu schauen. Im Konfliktfall sind sie es, die wir zur Verantwortung ziehen", betont Altmann. Auch Jugendliche, die Unter-16-Jährigen alkoholische Getränke kaufen, müssen mit einer Anzeige rechnen.

Gelegentlich könne die Polizei Erding während des Herbstfest auch den Konsum harter Alkoholika oder anderer Drogen feststellen, so Altmann, jedoch nur in sehr geringem Umfang. "Auf dem Volksfest ist der Verkauf solcher Rauschmittel auch verboten, die Jugendlichen bringen sie sich höchstens selbst mit." Soweit es personell möglich ist, werde man während des Herbstfestes auch vermehrt Autofahrer kontrollieren. Insgesamt wünscht sich Altmann aber "ein ruhiges, friedvolles Herbstfest."

Um jugendliche Komasäufer vor einer Wiederholungstat zu bewahren, wurde 2002 das Alkoholpräventionsprogramm Hart am Limit (HaLT) entwickelt, das mit mittlerweile 161 Standorten in ganz Deutschland vertreten ist. Anlaufstelle in Erding ist das Jugendamt. "Auf Initiative von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) wird das Projekt noch in diesem Jahr bei uns im Landkreis neu aufgestellt", sagt Fiebrandt-Kirmeyer.

Korbinian Hartmann

© SZ vom 04.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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