Kahle Kronen, tote Äste:Abschied von den Eschen

Erkrankte Eschen werden gefällt

Wenn Eschen im Stadtgebiet gefällt werden, fehlt meist der Platz, sie zur Gänze umzuschneiden. Dann müssen Baumkletterer sie in Stücke zersägen.

(Foto: Franz Xaver Fuchs)

Flächendeckend stirbt die häufige Laubbaumart im Landkreis ab. Ein aus Asien stammender Pilz vernichtet ganze Kulturen und ist offenbar nicht mehr aufzuhalten

Von Thomas Daller, Landkreis

Sie säumt Bäche und Flüsse, auch in Parks und Laubwäldern kommt sie häufig vor: die Esche. Nach der Buche und Eiche zählt sie zusammen mit dem Ahorn zu den häufigsten Laubbäumen in Bayern. Bald wird sie jedoch verschwunden sein, es besteht nur noch eine vage Hoffnung, dass sie überlebt. Landesweit sind zwischen 60 bis 80 Prozent der Bestände an einem Pilz erkrankt, der die Eschen absterben lässt. "Da können wir locker mithalten", sagt Stefan Warsönke, Bereichleiter Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Erding. "Wir raten den Waldbauern, nicht mehr mit Eschen aufzuforsten. Es sind schon ganze Kulturen ausgefallen, in denen keine einzige Esche überlebt hat."

Der Landkreis Erding ist mit einem Flächenanteil von 13,5 Prozent und 11 760 Hektar ohnehin schon der waldärmste Landkreis Bayerns. Der Landesdurchschnitt liegt bei 36 Prozent. In den wenigen Forsten und Auwäldern des Landkreises wüten Bäumschädlinge, die das Gesicht der Landschaft verändern werden. Die Fichte als häufigster Baum im Landkreis wird von immer größeren Populationen von Borkenkäfern dezimiert. Erlen, weit verbreitet an Bächen und Flüssen, sind oftmals nur noch als Totholzgerippe vorhanden, nachdem in den Nullerjahren ein Schlauchpilz etwa ein Drittel der Bestände dahin gerafft hat. Noch düsterer sieht es mittlerweile aber für die Zukunft der Eschen aus. Ein weiterer Pilz, das aus Asien stammende Falsche weiße Stengelbecherchen, hat sich in den vergangenen zehn Jahren im Landkreis flächendeckend ausgebreitet und eine verheerende Wirkung entfaltet. Kahle Kronen, tote Äste deuten allenthalben darauf hin, dass diese Baumart gerade in einem Ausmaß das Zeitliche segnet, das alle Befürchtungen übersteigt.

Eigentlich galt die Esche bis vor wenigen Jahren als vitaler Lebensbaum, der den Klimawandel gut überstehen könnte. "Wir haben sie den Waldbauern oft für den Waldumbau empfohlen", sagt Forstexperte Warsönke. Das Holz der bis zu vierzig Meter hohen Bäume ist vielseitig verwendbar. Aufgrund seiner Elastizität ist es insbesondere beim Treppenbau gefragt oder als Werkzeugstiele.

Der gefährliche Pilz stammt nach Angaben der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft ursprünglich aus Japan und kommt dort an der mandschurischen Esche vor, ohne dabei jedoch die Schadwirkung zu entfalten, die er in Bayern zeigt. Zuerst war das Eschentriebs-sterben noch ein Phänomen in Osteuropa, mittlerweile lässt sich der Pilzbefall in 22 Ländern nachweisen. Der Pilz infiziert Blätter über Sporen, und breitet sich dann bis ins Mark des Holzes aus. Er verstopft die Saftbahnen der Bäume, die dann die Blätter nicht mehr versorgen können.

Die geschwächten Bäume werden dann oftmals von sekundären Schadorganismen befallen, die Eschen werden vom Pilz Hallimasch besiedelt, was zu einem beschleunigten Absterben der Bäume führt. Stefan Warsönke vermutet, dass die plötzliche Ausbreitung des Falschen weißen Stengelbecherchens mit dem Klimawandel zusammen hängen könnte. "Den Pilz gibt es in Osteuropa schon länger, aber erst mit dem Klimawandel ist er so virulent geworden."

In innerstädtischen Lagen wie Stadtparks haben die Eschen wohl noch eine besserer Überlebenschance als in den Auwäldern. Der Pilz verbreitet sich über das abgefallene Laub, das in Parks und Gärten zu einem großen Teil eingesammelt wird. Dennoch müssen die Städte auch viele Bäume abholzen, weil sie die Verkehrssicherheitspflicht gewährleisten müssen. Morsche Äste stellen für Spaziergänger eine Gefahr dar. Aussichtslos erscheint hingegen die Situation in Auwäldern wie entlang der Isar oder der Isen. Das hat auch Auswirkungen auf das Ökosystem dieser Flüsse. Viele wasserlebende Arten benötigen beschattete, sommerkühle Fließgewässer. Fällt der Schatten weg, veralgen sie, gesäumt von einem gespenstischem Totholzgerippe.

Möglichkeiten, den Pilz in den Griff zu kriegen, sind derzeit nicht in Sicht. Im Fokus der Forschung stehen deshalb jene Eschen, die vermeintlich resistent gegen den Pilz sind. "Das ist eine vage Hoffnung", sagte Warsönke. "Bislang kann man noch keine Eschensorte kaufen, die den Pilz abwehren kann." Aber die Resistenzversuche gingen weiter.

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