Jugendhilfeausschuss des Kreistags:Starke Nachfrage nach Schulbegleitern

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Das Landratsamt präsentiert eine rasante Entwicklung. Waren es 2011 noch sechs begleitete Schüler, so werden es 2019 mehr als 50 sein. Aussage über Zuständigkeit sorgt für Irritation

Von Thomas Daller, Landkreis

Schulbegleitungen können Kindern mit einer Diagnose aus dem Autismus-Spektrum helfen, sich in einer Regelschule zurecht zu finden. Das wird insbesondere seit Inkrafttreten der UN-Behindertenrechtskonvention im Jahr 2009 gefördert. Im Landkreis nimmt die Zahl dieser Schulbegleitungen von Jahr zu Jahr zu. 2011 waren es lediglich sechs Schüler, die eine Schulbegleitung in Anspruch nahmen, für 2019 geht das Jugendamt bereits von mehr als 50 aus. Das schlägt sich auch im Haushalt des Landkreises nieder. 2011 wurden 150 000 Euro dafür veranschlagt, 2019 wird voraussichtlich etwa eine Million Euro aufgewendet.

Fachbereichsleiter Peter Stadick stellte die Entwicklung im Jugendhilfeausschuss des Landkreises vor. Eigentlich falle die Inklusion in den Aufgabenbereich der Schulen, sagte er. Weil die Schulen jedoch zu wenig Personal hätten, müsse die öffentliche Jugendhilfe als sogenannter Ausfallbürge einspringen. Dies führe zu einem stetigen Anstieg von Eingliederungshilfen insbesondere von Schulbegleitungen.

Schulamtsleiterin Marion Bauer war mit der Darstellung nicht einverstanden, dass die Schulen ihrer Verantwortung nicht gerecht würden. Auf Nachfrage sagte sie der SZ, sie habe im Vorfeld mit Stadick gesprochen, weil der Jugendamtsleiter "seine eigene politische Meinung zu diesem Thema" vertrete und die sei sachlich falsch, so Bauer: "Wenn eine seelische Behinderung droht, ist das Jugendamt zuständig. Das ist klar geregelt."

Die Zahl der Schüler, die eine Schulbegleitung benötigen, bewegt sich von Jahr zu Jahr weiter nach oben. Von sechs im Jahr 2011 auf neun in 2012, 19 in 2013, 23 in 2014, 24 in 2015, 25 in 2016, 38 in 2017, bis 45 in 2018. Momentan liege man bei knapp 50, sagte Stadick. Dementsprechend gestaltete sich die Ausgaben-Entwicklung: Für 2018 wurde ein Haushaltsansatz von 900 000 Euro eingeplant, 2019 steigt er auf eine Million.

Von aktuell 45 Schulbegleitungen haben 28 Kinder eine Diagnose aus dem Autismus-Spektrum. Diese haben meist Bedarf für eine umfassende Eins-zu-eins-Schulbegleitung über die gesamte Unterrichtszeit, gegebenenfalls auch über die gesamte Ganztagsunterrichtszeit. Schwierig sei es derzeit für die Freien Jugendhilfeträger, dem ständig steigenden Bedarf entsprechend geeignete Schulbegleiter zu aquirieren.

Auch hinsichtlich der Ausgestaltung des Qualifikationsprofils der Schulbegleiter stehe die Jugendhilfe noch am Anfang. Ein Konzept zur Schulbegleitung sei 2014 von Seiten des Kreisjugendamtes in Kooperation mit dem staatlichen Schulamt erarbeitet worden und diene seither als verbindliche Arbeitsgrundlage im Landkreis Erding.

Schulamtsleiterin Bauer erläuterte der SZ, die steigenden Zahlen seien darauf zurückzuführen, dass die Diagnoseverfahren differenzierter geworden seien: Es habe immer schon Kinder gegeben, die dem Autismus-Spektrum zuzurechnen seien, mit verschiedenen Krankheitsbildern, die sich überlagert hätten, wie Aufmerksamkeitsdefiziten oder Konzentrationsstörungen. Dadurch, dass man nun mehr Fachkräfte zur Verfügung habe, rücke das Autismus-Spektrum mehr in die Wahrnehmung.

Stadick sagte, das Jugendamt sei im Gespräch mit den Schulen, um die Kosten zu senken. Wenn beispielsweise drei Schulbegleiter in einer Klasse tätig seien, könnte man sich stattdessen einen Schulbegleiter teilen, wenn die Sorgeberechtigten einverstanden seien. Ohne deren Einverständnis mache man das jedoch nicht.

Schulamtsleiterin Marion Bauer entgegnete, eine Teilung könne sie sich nur schwer vorstellen. Außerdem könnten nicht drei Kinder mit einer solchen Belastung in dieselbe Klasse gehen. Sie habe Rückmeldungen von Lehrern in solchen Situationen bekommen, die dabei sehr stark an ihre Belastungsgrenzen gekommen seien. Sie bitte darum, den finanziellen Aspekt, wenn möglich, nachrangig zu betrachten. Marion Bauer ergänzte, es gebe an jeder Schule Inklusionsbeauftragte und die Schulbegleitung sei ein wesentlicher Baustein, damit diese Kinder am Unterricht der Regelschulen teilnehmen könnten.

© SZ vom 26.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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