Job mit vielen Herausforderungen:Hilfe beim Start ins Berufsleben

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Eigentlich wollte Christina Rothbauer nach ihrem Studium in der Tourismusbranche anfangen, doch die Stellen waren knapp. (Foto: Renate Schmidt)

Christina Rothbauer ist Arbeitsvermittlerin bei Aruso und dort zuständig für Menschen unter 25 Jahren, die eine Stelle suchen. Im vergangenenJahr ist ihr das in 89 Fällen gelungen

Von Jan-Hendrik Maier, Erding

Wieder hat es ein junger Mensch geschafft, seinen Schulabschluss nachzuholen und einen Ausbildungsplatz zu finden. Für Christina Rothbauer fühlt sich dieser Moment wie ein "kleiner Lichtblick" an. Die 35-Jährige ist Arbeitsvermittlerin bei Aruso, dem gemeinsamen Jobcenter der Bundesagentur für Arbeit und dem Landkreis Erding, und zuständig für Menschen unter 25, die eine Stelle suchen oder Hilfe beim Start in das Berufsleben benötigen. "In diesem Alter lässt sich meist etwas bewegen, weil sie ja noch ihr ganzes Leben vor sich haben", ist Rothbauer überzeugt. "In anderen Gruppen habe ich nicht immer das Gefühl." Was sie damit meint, sind die Chancen für eine Integration in den Arbeitsmarkt, weg von Leistungen wie dem Arbeitslosengeld II. Im vergangenen Jahr ist es ihr in 89 Fällen gelungen, jungen Erwachsenen einen Ausbildungsplatz oder eine Arbeitsstelle zu vermitteln. Leider läuft es aber nicht für alle so gut. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen im Landkreis hat sich mittlerweile auch für ihre Kunden zu einem Problem entwickelt.

Rothbauer ist in Pocking, etwas südwestlich von Passau, aufgewachsen. In der Drei-Flüsse-Stadt hat sie European Studies mit Schwerpunkt Italienisch studiert. "Es war die Mischung aus Kulturwissenschaft, Geschichte und Wirtschaft, die mir gefallen hat. BWL alleine wäre mir zu langweilig gewesen." Während des Bachelors hat Rothbauer für ein paar Monate in Verona gelebt, wo sie ein Praktikum am Goethe-Zentrum machte. Mit Freude denkt sie an die Zeit am Ufer der Etsch zurück: "Die Stadt eine total schöne Atmosphäre. Einfach toll!" Eigentlich wollte sie nach ihrem Studium in der Tourismusbranche anfangen, doch die Stellen waren knapp. Trotz Auslandserfahrung und einem Hochschulabschluss in der Tasche erhielt Rothbauer lediglich die Zusage für ein unbezahltes Praktikum. Also ging sie zur Agentur für Arbeit und hatte Glück im Unglück, denn dort war man gerade selbst auf der Suche nach Absolventen aus allen Fachrichtungen. Rothbauer stand vor der Wahl: entweder den "sicheren Job" im öffentlichen Dienst annehmen und so mindestens für die kommenden zwei Jahre versorgt sein, oder weiterhin auf einen Treffer in der Traumbranche hoffen. "Ich konnte mir das bei der Agentur vorstellen, da ist mir die Entscheidung natürlich leicht gefallen." Das war 2010. Seitdem arbeitet sie bei Aruso in Erding und kümmert sich um die jungen Erwachsenen. Bereut hat sie ihren Schritt nicht.

Rothbauer bedauert, dass es in Erding junge Menschen gebe, die "akut" von Obdachlosigkeit bedroht seien. Im vergangenen halben Jahr habe sich das Problem wegen der schwierigen Lage auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärft. Momentan weiß Rothbauer von fünf Kunden, "die mal hier, mal da schlafen" würden. "Und fast jede Woche kommt wieder jemand vorbei." Die Vermittlerin arbeitet hier eng mit zwei Sozialpädagogen zusammen, die die Betroffenen bei der Wohnungssuche unterstützen, und dient als Schnittstelle. In Erinnerung bleiben ihr die sich wiederholenden Fälle von alleinerziehenden jungen Frauen und jene, bei denen sie, zum Beispiel aufgrund starker gesundheitlicher Beeinträchtigungen, an Grenzen stößt, nicht mehr helfen kann. "Ich versuche, das nicht alles an mich heranzulassen und die professionelle Distanz zu wahren."

Den Umgang mit ihren Kunden beschreibt sie als eine "Frage der Ausdauer und des gegenseitigen Vertrauens", das erst nach und nach entstehen müsse. "Der Erfolg hängt auch von der Tagesform auf beiden Seiten ab." Knapp 270 Menschen im Alter zwischen 15 und 24 Jahren sind bei Rothbauer im System erfasst. Zwei Drittel davon stehen allerdings dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, da es sich unter anderem um Schüler handelt. Übrig bleiben etwa 100 junge Erwachsene, die Rothbauer aktiv betreut. Konflikte innerhalb der Familie, Geldsorgen oder die Vorstellung, wie man die eigene Zukunft gestalten will - die Situationen, in denen die jungen Erwachsenen zu ihr kommen, sind vielfältig. Und genau darin liege die Spannung. "Ich denke oft, die Bezeichnung Arbeitsvermittlerin ist nicht ganz richtig", sagt Rothbauer. "Viele Menschen, die in diesem Alter in den ALG-II-Bereich fallen, müssen vor der eigentlichen Arbeitssuche eben erst andere Probleme angehen." Sie versucht zu helfen, so weit es geht.

Ihre Reiselust ist ungebrochen. Ihr Wunsch ist es, einmal die "traumhaften Landschaften" im hohen Norden Skandinaviens und in Neuseeland zu erkunden. "Ob ich dazukommen werde, weiß ich allerdings nicht." Um nach der Arbeit abzuschalten, setzt sie sich zu Hause in Moosburg gerne ans Klavier und spielt "etwas Klassisches". Und wenn es nicht gerade Musizieren ist, geht Christina Rothbauer gerne zum Klettern oder schaut sich den neuesten Film im Kino an. "Historische Stoffe wie in Troja gefallen mir gut."

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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