Initiatorin:"Doch, ich bin glücklich"

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Gutes tun über die Wartenberger Klinikgrenze hinaus, das war Karin Bogdains Grundidee. (Foto: Renate Schmidt)

Ohne Karin Bogdain hätte es die Hilfsaktion nicht gegeben

Interview von Wolfgang Schmidt

Die Sprachbehinderten-Pädagogin Karin Bogdain, 50, ist seit 1989 in der Klinik Wartenberg und Leiterin der Sprachtherapeutenabteilung. Dass die Sammelaktion ausgerechnet armen Patienten in Afghanistan zugute kommt, ist auch ein Stück weit Zufall. Als Karin Bogdain ihre ersten Recherchen im Internet begann, war noch vollkommen offen, welchem Land oder welcher Hilfsorganisation die Aktion zugute kommen sollte. Als sie aber auf den Verein "Empor" stieß, war schnell klar, wohin die Hilfsgüter gehen sollten.

SZ: Wie kamen Sie auf die Idee mit den Rollstühlen?

Karin Bogdain: Ich habe mich gefragt, was mit den ausrangierten Rollstühlen passiert, ob wir nicht damit etwas Gutes tun könnten über die Klinikgrenze hinaus. Dann habe ich anonym Kontakt mit "Empor" aufgenommen, weil ich ja nicht wusste, ob der Chef mit dem Vorhaben einverstanden ist. Nach seinem Okay ging es ans Sichten. Wir hatten Rollstühle auf dem Speicher, in der Werkstatt, das waren alles ältere Bestände. Am Anfang waren es fünf, dann waren es zwölf. Immer mehr Menschen im Haus erfuhren von der Aktion. Ich habe zwischendurch einen Aushang gemacht, weil ich dachte, ich spreche die Leute persönlich an. Vielleicht hat jemand vom letzten Unfall noch eine Beinschiene zu Hause, eine Halskrause oder irgend etwas, was er nicht mehr daheim haben will, das aber zum Wegschmeißen zu schade ist.

Zum Schluss war ich so weit, dass ich einen regelrechten Flohmarktblick hatte, wenn ich durch das Haus ging. Das haben mir die Kollegen jedenfalls nachgesagt.

Jetzt hatten Sie Rollstühle, Krücken, Prothesen - aber das alles stand ja noch in der Wartenberger Klinik herum.

Vom ersten Kontakt mit Frau Glaser an verlief alles ganz reibungslos, das war ein sehr angenehmes Arbeiten. Wir haben sehr viel kommuniziert, die Termine abgecheckt. Herr Nawabi und Frau Glaser kamen am 23. April ja tatsächlich hier ins Haus. Uns wurde ein kleiner Film über das Projekt gezeigt. Dann haben sie sich natürlich die Rollstühle angeschaut. Es war mir wirklich ein bisschen mulmig zumute, weil ich gedacht habe, hoffentlich wollen sie die Sachen überhaupt haben.

Sie hatten Zweifel?

Und ob. Ich habe sogar Fotos gemacht und sie dem Verein vorab geschickt. Aber die beiden waren vom ersten Augenblick an ganz begeistert. Als ich die Reaktion sah - ich muss sagen, das hat mich noch einmal sehr motiviert, weiterzumachen.

Dann spitzte sich alles auf diesen einen Termin zu?

Dieser Tag war ganz wichtig, so viele Menschen haben auch mitgeholfen. Hausmeister, technischer Dienst, Empfang. Es musste ja jeder benachrichtigt werden. Es ist ein ganz wichtiger Tag.

Ein bisschen stolz dürfen Sie schon auch auf sich selbst sein?

Stolz? Ich weiß nicht. Ich sehe oft die Situation vor mir, wenn die Rollstühle in Afghanistan ankommen. Ich sehe das so, als ob ich mit dabei wäre. Herr Nawabi ist jemand, dem ich wirklich völlig vertraue. Er weiß genau, wer was bei der Zuteilung bekommen kann. Und er wird schöne Grüße aus Wartenberg mit dazugeben. Es ist alles sehr persönlich geworden und hat schon jetzt sehr viel Leben. Es geht mit der Hilfe ja auch noch weiter.

Also können Sie doch stolz auf das Geleistete sein.

Ich weiß es nicht. Aber ich bin glücklich. Doch, ich bin glücklich. Richtig happy.

© SZ vom 17.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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