In einem Viertel aller deutschen Haushalte wird Holz verfeuert:Alten Kaminöfen droht zum Jahresende das Aus

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Die meisten Öfen, die bis einschließlich 1984 gebaut wurden, müssen ersetzt oder mit teuren Spezialfiltern nachgerüstet werden. Manche Besitzer halten das für "Geldschneiderei", Kaminkehrer betonen jedoch, dass neue Modelle viel weniger Brennholz verbrauchen

Von Thomas Daller, Landkreis

Alte Kaminöfen sind schädlich für die Umwelt. Sie stoßen zu viele Schadstoffe aus. Daher droht ihnen schrittweise das Aus oder die verpflichtende Nachrüstung. Stichtag für Öfen mit Baujahr bis einschließlich 1984 ist Ende dieses Jahres. 2020 und 2024 kommen dann auch Öfen neuerer Bauart dran. Ein Problem, das viele Hausbesitzer treffen wird: Nach Angaben des Bundesumweltministeriums wird in mehr als einem Viertel aller deutschen Haushalte Holz verfeuert.

Manche halten das Gesetz für "Geldschneiderei". Ein Leser, der nicht namentlich genannt werden will, hat ein kleines Häuschen geerbt, in dem ein Holzofen steht, der vor 1984 gebaut wurde. Vom Kaminkehrer hat er nun ein Schreiben dazu erhalten: Bis Ende des Jahres muss der Ofen raus, stillgelegt oder mit einem Spezialfilter nachgerüstet werden. Aber ein neuer Kaminofen funktioniert seines Erachtens auch nicht wesentlich anders: Es gibt einen Zuluftschieber, einen Abluftschieber und beim Türl legt man die Scheite rein. Er hält die Verordnung für ein Konjunkturprogramm zugunsten der Kaminöfenhersteller, weil sich technisch an der Holzverbrennung kaum etwas geändert habe. Die Bezirkskaminkehrermeister im Landkreis Erding sind in diesem Punkt anderer Meinung: Moderne Kaminöfen schonen nicht nur die Umwelt, sondern auch den eigenen Geldbeutel. Ein moderner Kaminofen spare gegenüber einem 30 Jahre alten Modell etwa ein Drittel an Brennstoff ein.

Bezirkskaminkehrermeister Peter Bauer teilt sich mit zwei Kollegen den Bereich der Stadt Dorfen. 1100 Kaminöfen seiner Kunden hat er in seiner Datei erfasst, heuer wird er die Eigentümer von 88 dieser Öfen anschreiben. Diese Öfen sind Baujahr 1975 bis 1984 und müssen bis Ende dieses Jahres mit einem Spezialfilter nachgerüstet oder ausgetauscht werden. Wobei er die Filter niemandem empfehlen kann: "Die kosten 1200 Euro aufwärts, das ist bei vielen Leuten der ganze Ofen nicht mehr wert." Bereits 2014 hat er jene Kaminöfenbesitzer angeschrieben, die mit Öfen heizten, die vor 1975 gebaut wurden. Die Baureihen bis 1994 werden 2020 dran sein, jene bis 2010 im Jahr 2024. Sie müssen stillgelegt werden, wenn sie die vorgeschriebenen Werte bei der Abluft nicht einhalten.

Es gibt allerdings Ausnahmen: historische Öfen zum Beispiel, die vor 1950 gebaut wurden; oder alte Badeöfen, die heutzutage gar nicht mehr hergestellt werden. Offene Kamine und Kochherde sind ebenfalls ausgenommen. Auch Hausbesitzer, die ausschließlich mit ihrem Kachelofen heizen und über keine Zentralheizung verfügen, müssen ihn nicht stilllegen, selbst wenn er sehr alt ist. Das sei als soziale Komponente im Bundesimmissionsschutzgesetz geregelt worden, erklärt Peter Bauer: Man wolle ja nicht das "alte Mutterl" damit treffen, das nur Holzöfen in ihrem Haus habe.

Die alten Öfen müssen entweder ausgetauscht werden oder man kann sie auch schlichtweg stilllegen, wenn sie nur noch der Dekoration dienen und nicht mehr genutzt werden. Dann muss allerdings das Rohr abmontiert und der Kamin zugestöpselt werden. Denn wenn der Kaminkehrer bei seiner turnusgemäßen Feuerstättenschau so einen Ofen findet, der nicht außer Betrieb gesetzt wurde, ist er verpflichtet, es der zuständigen Behörde zu melden. Das kann ein Bußgeld von bis zu 50 000 Euro zur Folge haben.

Martin Graf ist Bezirkskaminkehrermeister für den Bereich Taufkirchen und Hohenpolding und war sogar als Fachmann beratend in das neue Bundesimmissionsschutzgesetz eingebunden. Er sagt, dass man die Verordnung "nach unten geschraubt" habe, der ersten Entwurf hätte beispielsweise vorgesehen, dass man den Ausstoß der Kaminöfen alle zwei Jahre messen muss. Das sei in der Praxis nicht durchführbar.

Graf ist ein Verfechter der modernen Kaminöfen, weil damit den Nachbarn geholfen sei, wenn weniger Feinstaub in die Umwelt gelange. Der Feinstaub enthalte polyzyklisch aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK), die in die Lunge geraten und über die Blutbahn Herzkreislauferkrankungen auslösen könnten. Je sauberer und restloser das Holzgas verbrannt werde, umso weniger Feinstaub enthalte es. Das gelinge bei modernen Kaminöfen mit einer ausgefeilten Technik der Luftführung. Früher habe man die Primärluft von unten durch den Ascherost geführt. "Das ist eine turbulente Verbrennung. Die Luft rumpelt durch und sorgt für Verwirbelungen, die die Holzverbrennung stört." Moderne Öfen würden die Luft nicht über das Holzbett zuführen und so für eine ruhige und möglichst rückstandsfreie Verbrennung sorgen. Weil dadurch mehr Wärme im Raum ankomme und nicht durch den Schornstein gejagt werde, spare man auch bis zu einem Drittel Brennstoff. Abgesehen von der Bauweise moderner Kaminöfen könne man auch durch die Handhabung den Feinstaubgehalt in der Abluft reduzieren: Man dürfe insbesondere die Luftzufuhr des Ofens nicht drosseln, weil sonst unverbrannte Holzgase und Feinstaub mit entweichen würden. Wenn der Ofen zu warm werde, man ihn aber trotzdem nicht ausgehen lassen wolle, solle man nur einen kleinen Scheit nachlegen, aber nicht die Luftzufuhr reduzieren.

Auch beim Entzünden des Ofens könne man Rauch und Ruß vermeiden, sagte Graf. Bei der alten Methode, unten ein paar zusammengeknüllte Zeitungsseiten reinzulegen und darüber Kleinholz und größere Scheite aufzuschichten, rauche es kräftig durch den Kamin. Besser sei die "schweizer Anfeuerung", bei der man das Feuer von oben nach unten entzünde: zwei bis drei große Scheite unten, Kleinholz darüber und obendrauf ein Ofenanzünder. Bei dieser Methode steige das Holzgas durch die Flamme auf und könne nicht unverbrannt entweichen. Eine saubere Sache, findet Graf: "Geben Sie ,schweizer Anzündmethode' mal bei Youtube ein. Sie werden sehen."

© SZ vom 02.02.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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