Horizont erweitert:Zehn Wochen in Georgia

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Reicher an wichtigen Erfahrungen ist nach seinem USA-Aufenthalt Benjamin Berger. (Foto: Joachim Herz Stiftung)

Der angehende Gießereimechaniker Benjamin Berger hat ein Stipendium der Joachim-Herz-Stiftung genutzt. Jetzt hat er einen neuen Blick auf die USA, auf die Amerikaner - und auf seine Zukunft

Von Sophia Belliveau, Erding

16 bayerische Auszubildende und neun aus Hamburg haben 2018 am Programm "Azubis in die USA" von der 2008 gegründeten Joachim-Herz-Stiftung teilgenommen, aus dem Landkreis Erding war Benjamin Berger mit dabei. Der 21-Jährige macht im BMW-Werk in Landshut eine Ausbildung zum Gießereimechaniker und war von Mitte März bis Ende Mai als Stipendiat der Stiftung im US-Bundesstaat Georgia. Die zehn Wochen waren für Berger eine tolle Erfahrung, wie er sagt: "Wenn ich könnte, würde ich es sofort noch einmal machen."

"Mein Chef bei BMW hat mich auf das Austauschprogramm aufmerksam gemacht", sagt Berger. Nachdem er die Zusage erhalten hatte, wurden für ihn Gasteltern in Georgia gesucht. "Ich habe in Calhoun bei Stacy und Bradley Cooper gewohnt, er hat aber nichts mit dem Schauspieler zu tun." Die Zeit bei dem kinderlosen Ehepaar sei sehr schön gewesen: "Am Abend haben wir zusammen gegessen und von unserem Tag erzählt, das war teilweise sehr interessant", sagt Berger. Mit seinen Gasteltern habe er sich gut verstanden, sie waren sogar einige Tage gemeinsam in New York City.

Stacy Cooper arbeitet bei einer Hilfsorganisation für Kinder und Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren, die elternlos sind oder mit schwierigen Familienverhältnissen zu kämpfen haben. Brad Cooper ist Angestellter am Orangeburg-Calhoun Technical College. "Das war sehr praktisch, weil ich dort während der ersten beiden Wochen Kurse besucht habe und er mich mit dem Auto mitnehmen konnte", so der deutsche Auszubildende. Das Technical College sei am ehesten mit einer Volkshochschule zu vergleichen. "Ich habe Kurse im Metallbereich und im Kundenservice belegt." Der Schulstoff hat ihm keine Probleme bereitet, sodass er genügend Zeit hatte, mehr über seine Kommilitonen zu erfahren: "Das Technical College besuchen auch ältere Menschen, die schon eine Berufsausbildung haben." So hat der 21-Jährige zum Beispiel eine 60-jährige Frau kennengelernt, die sich zur Klempnerin umschulen lassen wollte. Auch während seines achtwöchigen Praktikums bei der österreichischen Firma Voestalpine, die in Cartersville, Georgia, einen Standort hat, interessierte sich Berger vor allem für die Menschen um sich herum. "Das beste an meinem Aufenthalt in den USA waren bei weitem die Menschen. So eine Offenheit und Freundlichkeit habe ich vorher selten erlebt." Seine Meinung über Amerikaner habe sich gravierend geändert: "Wenn man noch nie in einem Land war, hat man vorher Vorurteile oder stereotype Vorstellungen. Mich hat vor allem überrascht, wie selbstkritisch viele Amerikaner über ihr Land sprechen", sagt Berger. In manchen Fällen sei das jedoch auch anders. "Am Technical College gab es viele ehemalige Soldaten, die betont patriotisch waren."

Während seiner Zeit bei Voestalpine hat dem Auszubildenden die Stimmung im Betrieb gut gefallen. Laut Berger war "die Mehrheit der Mitarbeiter Mexikaner, da herrschte vor allem am Tag vor Cinco de Mayo eine tolle Atmosphäre". Da er mit seiner Ausbildung zum Gießereimechaniker sehr spezialisiert ist, gab es im amerikanischen Betrieb kein Pendant. "Ich konnte aber trotzdem eine große Bandbreite an Aufgaben übernehmen und selbständig arbeiten." Dabei hatte Berger wenige sprachliche Schwierigkeiten. Sein Englisch habe sich deutlich verbessert und seine Kollegen seien immer bereit gewesen, ihm zu helfen, sagt er. Als größere Schwierigkeit beschreibt Berger die Transportmöglichkeiten. "Ich hatte kein eigenes Auto." Ohne Auto habe er in Georgia aber so gut wie gar nichts erreichen können, da "alles so groß ist und sehr weit auseinander liegt".

Im Juni haben sich nun alle 25 Teilnehmer des Programms "Azubis in die USA" im bayerischen Kultusministerium getroffen, um von ihren Auslandsaufenthalten zu erzählen und ihre Teilnahmezertifikate entgegen zu nehmen. Elena Schedlbauer, stellvertretende Pressesprecherin der Joachim-Herz-Stiftung, teilt mit, dass "Auszubildende, die im Frühjahr 2019 Auslandserfahrung sammeln möchten, sich bis zum 31. August bewerben können". Um teilnehmen zu können, müssen Bewerber volljährig sein, eine Ausbildung in Bayern oder Hamburg machen oder eine Berufsschule an diesen Standorten besuchen und über Englischkenntnisse verfügen.

Benjamin Berger ist überzeugt, dass ihm sein USA-Aufenthalt in der Zukunft noch von Nutzen sein wird. "Ich weiß zwar noch nicht genau, was ich nach meiner Ausbildung machen möchte, aber die zehn Wochen haben meinen Horizont erweitert. Die USA kommen mir nicht mehr so unglaublich weit weg vor." Bis Februar 2019 ist Berger noch Azubi bei BMW.

© SZ vom 11.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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