Hohenlinden:Für Gäste nicht geeignet

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Am Wochenende wird in Kronacker 1250 Jahre Kirche Sankt Johannes gefeiert - allerdings im Freien. Das barocke Gotteshaus ist nämlich einsturzgefährdet und wird derzeit saniert

Von Clara Lipkowski, Hohenlinden

Wenn am Sonntag prominenter Besuch nach Kronacker kommt, hoffen hier alle auf bestes Wetter. Weihbischof Bernhard Haßlberger hat sich angekündigt, das ganze Dorf wird auf den Beinen sein und etwa 400 Gäste aus den umliegenden Orten begrüßen: Denn die Kirche Sankt Johannes feiert 1250-jähriges Bestehen.

Der allgemeine Wunsch nach eitel Sonnenschein rührt aber auch daher, dass der Gottesdienst im Freien stattfindet - gezwungenermaßen. Denn seit Februar wird das Gebäude generalsaniert. Auf dem sattgrünen Hang vor der Kirche wird der Gottesdienst begangen, gleich neben einer Weide, von der neugierige Alpakas über das Gatter herüberschauen.

Die Reparaturen an der Kirche wurden lang ersehnt, denn das Haus war einsturzgefährdet. Tritt man ein in die helle, freundliche Dorfkirche, ist der Schaden unverkennbar: An den weißen Wänden ist die Feuchtigkeit hochgestiegen, es haben sich große grüne und schwarze Schimmelflecken gebildet. "Deshalb muss das Fundament trockengelegt und verfestigt werden", erklärt Josef Gallenberger. Er ist Kirchenpfleger und kennt die Details der Bauarbeiten. Sechs Querstreben nahe der Decke und ein Holzgerüst verhindern, dass das Gemäuer herunterbricht. Bedrohlich ziehen sich schon Risse durch den Chorbogen, teils ist das Gewölbe aufgebrochen und sogar die Stützbalken sind an ein paar Stellen aufgesprungen. Die Stufen hoch zur Kanzel sind teils weggebrochen und verheißen keinen sicheren Aufstieg mehr.

Die Holzbänke im Mittelschiff werden bald weichen. "Zurzeit haben sie ja den Charakter einer Wartehalle", sagt Gallenberger. Nach der Sanierung sollen hier ansehnlichere Sitzreihen mit Mittelgang stehen. Eine neue Lüftung gibt es schon. Die Fenster öffnen sich nun automatisch, sobald es zu feucht in der Kirche wird. Zum Glockenturm hin wird zudem das Fundament verfestigt.

Am Mittwochnachmittag vor dem großen Gottesdienst sind gerade mal keine Bauarbeiter im Einsatz. Mesnerin Gertraud Oskar nutzt die Ruhe und richtet gemächlich alles her. Sie hängt die weißen Talare für die Ministranten über die Kirchenbänke und fegt noch einmal durch, draußen gießt sie die Blumen und ratscht ein wenig mit der Landwirtin von nebenan.

Zwar feiern sie hier am 16. September mehr als 1250 Jahre Bestehen der Kirche. Das Gebäude selbst gibt es aber genau genommen erst seit 293 Jahren. An Ort und Stelle stand allerdings schon - das ist urkundlich erwähnt - im Jahr 768 ein kleines Gotteshaus. Damit zählt der Kirchenstandort zu den ältesten im Landkreis Ebersberg. Laut Historiker und Kreisarchivar Bernhard Schäfer war dies die 28. Kirchengründung überhaupt im damaligen Freisinger Bistum. "Wir wissen aber nichts weiter über das Gebäude. Würde man im Fundament graben, könnte man aber auf Spuren der Holzbauweise stoßen". Denn der Holzreichtum der Gegend spreche dafür, dass die erste Kirche eben auch damit gebaut wurde - zumal Steinbauten zu aufwendig und teuer waren.

Es sollten zwei weitere Kirchen an diesem Ort folgen - eine im romanischen, eine im gotischen Stil, bis dann 1725 die heutige Barockkirche errichtet wurde. Das Gotteshaus war wegen eines wertvollen Taufsteins von etwa 1500 auch Taufkirche. Über die Jahrhunderte wurde sie immer wieder anderen Verwaltungen zugeteilt, mal Haag, mal Wasserburg. Seit dem 20. Jahrhundert gehört sie zum Landkreis Ebersberg. 1827 wurde sie sogar zur Pfarrkirche hoch-, 1903 aber wieder zur Filialkirche herabgestuft - denn damals war die größere Kirche Sankt Josef in Hohenlinden 1903 fertiggebaut. In der Folge habe der Pfarrer seine Hauptaktivitäten dorthin verlegt, erklärt Schäfer, Gottesdienste wurden in Kronacker fortan nur noch ein- statt dreimal pro Woche gefeiert.

Die allerdings sind nun komplett ausgesetzt. Mit vier bis fünf Jahren Umbauzeit rechnet Kirchenpfleger Gallenberger, Kostenpunkt rund 1,6 Millionen Euro. Wiedererkennen werden die Kirchgänger "ihre" Kirche aber in jedem Fall, versichert er: "Hier kommt nicht mehr rein, als ohnehin schon drin war", alles werde restauriert und wieder in seinen schönen ursprünglichen Zustand gebracht. Das verlange auch der Denkmalschutz.

Bereits an diesem Freitag, 14. September, lädt die Pfarrei um 20 Uhr in das Wendlandhaus in Hohenlinden zu einem Vortrag mit Bildern ein: Zum Thema: "Die Geschichte der Kirche St. Johannes" referiert Historiker Bernhard Schäfer. Eine Bewirtung gibt es ab 18.30 Uhr. Der Gottesdienst am Sonntag, 16. September, beginnt um 10.30 Uhr. Anschließend gibt es Mittagessen, Kaffee und Kuchen.

© SZ vom 14.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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