Hochwasserschutz in Erding:Jetzt ist das Wasserwirtschaftsamt dran

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Nach dem Dauerregen Anfang August 2020 stand das Wasser der Sempt so hoch, auf dem Bild am Altwasser Erding, dass es kurz davor war die Brücke zu überschwemmen. Dass starker Regen schnell zu Überschwemmungen führen kann, musste jüngst Dorfen und die Therme Erding Ende August erleben. (Foto: Renate Schmidt)

Erdinger Stadtrat weist Antrag der Freien Wähler zurück, die nochmals über den Hochwasserschutz reden wollten. Erst müssen die Planungsunterlagen vorliegen, dann kann die Stadt dazu Stellung beziehen, sagt OB Max Gotz

Von Gerhard Wilhelm, Erding

Gescheitert ist die Fraktion der Freien Wähler (FW) im Erdinger Stadtrat mit ihrem Antrag, dass die Stadt für den Hochwasserschutz für die Gewässer zweiter und dritter Ordnung eine "ergebnisoffene Klausurtagung" veranstalten solle. Die große Mehrheit, vor allem OB Max Gotz (CSU), wies darauf hin, dass der Stadt die Legitimation fehle, um derzeit eine Stellungnahme zu den in Erding umstrittenen Plänen des Wasserwirtschaftsamtes (WWA) abgeben zu können. Das könne man erst, wenn das Planfeststellungsverfahren zum Hochwasserschutz laufe. Burkhard Köppen (CSU) fasste die Antwort des WWA zum Antrag kurz zusammen: "Wir sind regelrecht abgewatscht worden."

Miteinander zu reden, dafür sei es nie zu spät, sagte FW-Fraktionssprecher Hans Fehlberg. Der Hochwasserschutz sei ein "Megathema" in Erding. Jede Partei, jeder Stammtisch rede darüber, und die meisten würden sagen: keine Mauern, keine Dämme. Deshalb müsse sich der Stadtrat zusammensetzen, um ohne Zeitdruck zu einer gemeinsamen Hochwasserpolitik zu kommen. Diese könnte die Position der Stadt gegenüber dem Wasserwirtschaftsamt stärken. Es gebe 4000 Unterschriften gegen den geplanten linearen Hochwasserschutz in Form von Mauern und Dämmen entlang der Sempt. Und es gehe schließlich um 15 Millionen Euro Steuergelder.

Den Punkt Unterschriftenliste nahm Gotz sofort auf: "Diese Liste wurde von denen übergeben, der zuständig ist. Das Wasserwirtschaftsamt." Es bleibe dabei, dass die Stadt keine Legitimation habe, über Pläne des Amtes zu beraten oder zu beschließen. Der Antrag stelle auch eine Positionierung gegen das Amt dar. "Wir haben an der Stelle keine Zuständigkeit", sagte Gotz. Es werde einen Planfeststellungsantrag geben, dann seien die Einwendungen und Anregungen abgearbeitet. "Das ist das gültige Prozedere in einem Rechtsstaat."

Es gebe juristische und politische Positionen beim Thema Hochwasserschutz, und über die sollte man auch öffentlich sprechen, sagte Köppen. Der Antrag der Freien Wähler habe mit Ergebnisoffenheit aber nichts zu tun. "Ich behaupte, dass niemand im Stadtrat die Variante 1 des Wasserwirtschaftsamtes toll findet, befürwortet oder glücklich damit ist." Der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes, Christian Leeb, habe aber deutlich gemacht, was er vom Antrag halte: "Für den Hochwasserschutz an der Sempt ist eine Debatte, wie sie im Antrag angeregt wird, nicht zielführend, sondern zeitlich kontraproduktiv. Es gibt keinen Sinn, die Planung noch einmal auf null zu setzen, und haushaltsrechtlich haben wir dafür auch keinen Spielraum. Dies dürfte aber auch den Bürgern kaum zu vermitteln sein", schreibt Leeb.

"Was sollen wir dann in einer Klausurtagung diskutieren", fragte Köppen. Nach "achteinhalb Jahren des Desasters" seit dem Hochwasser im Juni 2013 sei man den Bürgern gegenüber dazu verpflichtet, endlich voranzukommen. "Auch wenn mir die Lösung nicht gefällt." Alle anderen Vorschläge seien vom Amt verworfen worden. Die Vorwürfe der Bürgerinitiative, dass es der Stadtpolitik an Courage fehle, dass man sich der Verantwortung entziehe, Entscheidungsschwäche zeige und politisch taktiere, wies Köppen zurück. Schuldzuweisungen wegen gefällter Bäume sei "völlig unterirdisch im Umgang miteinander."

Auch Stefan Grabrucker (SPD) findet es wichtig, wie er sagte, dass man sich für gewisse Themen auch mal Zeit nehmen müsse. Aber derzeit habe man noch nicht alle Fakten auf dem Tisch, um ernsthaft über den Hochwasserschutz reden zu können. Es sei "unredlich", so zu tun, als könnten man nach einem Tag Zusammensitzen die Entscheidung des Amtes verändern.

Stefan Lorenz (Bündnis 90/Die Grünen) sagte, man müsse sich der Realität stellen. "Entweder wir bekommen nach acht Jahren endlich den dringend benötigten Hochwasserschutz oder wir stellen uns gegen die Planung." Die jetzige Situation sei schon vor Jahren durch den Siedlungsbau geschaffen worden. Ein Hochwasserschutz nur mit Renaturierung sei nicht möglich, das hätten die Untersuchungen gezeigt. Es helfe nicht, der einen oder anderen Variante nachzuweinen, das würde nur acht Jahre Arbeit zerstören und kein neues Ergebnis bringen. Eine Klausurtagung sei keine schlechte Idee. "Sie kommt aber sieben Jahre zu spät", sagte Lorenz.

Hans Egger (Erding Jetzt) äußerte grundsätzlich Sympathie für den Antrag, da man über Steuergelder rede. Und es gebe zumindest das Recht der Meinungsäußerung. Man sehe im Rückblick schon, dass man einen gewissen Einfluss habe, wie man beim Petersbergbrückerl und bei einem Regenrückhaltebecken Pretzen sehe, das zuletzt noch in die Berechnungen des Wasserwirtschaftsamtes aufgenommen wurde.

© SZ vom 29.10.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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