Herbstfest bringt viel Arbeit mit sich:Dünne Personaldecke in der Inspektion

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Präsenz auf Volksfesten zu zeigen ist wichtig, um das Sicherheitsgefühl zu stärken und mögliche Störer zu entmutigen. Allerdings muss dazu auch genügend Personal vorhanden sein. (Foto: Armin Weigel/dpa)

Von den 90 offiziellen Planstellen der Polizei sind derzeit lediglich 79 besetzt. Die dritte Landrätin Gertrud Eichinger sieht darin "eine drastische Einschränkung der allgemeinen Sicherheit"

Von Regina Bluhme, Erding

Für viele beginnt am heutigen Freitag mit dem Erdinger Herbstfest die schönste Zeit des Jahres, für die Beamten der Polizeiinspektion (PI) Erding bedeutet das Fest vor allem eins: Mehr Arbeit. Dabei ist die Inspektion ohnehin chronisch unterbesetzt. 40 Überstunden trägt jeder der Beamten im Schnitt vor sich her. Das hat Dritte Landrätin und SPD-Landtagskandidatin Gertrud Eichinger kürzlich bei einem Besuch bei Inspektionsleiter Anton Altmann erfahren. Mit den zusätzlichen Aufgaben auf der einen Seite und der nur schwach wachsenden Personalstärke auf der andern sieht Eichinger "eine drastische Einschränkung der allgemeinen Sicherheit".

"Wir sind ab 17, 18 Uhr ständig präsent auf dem Festplatz", betont PI-Leiter Anton Altmann. So wie jedes Jahr beim Herbstfest. Dabei ist die Inspektion schon länger "total unterbesetzt", so Altmann. Er bestätigt die Zahlen, die Gertrud Eichinger in ihrem Pressebericht aufgelistet hat. Demnach gibt es laut Bayerischen Innenministerium in Erding 90 offizielle Planstellen, "von denen nur 79 derzeit besetzt sind", so Eichinger. Tatsächlich liegt die verfügbare Personalstärke jedoch bei gerade mal 65 Beamten, "das bedeutet eine Unterbesetzung von 25 Köpfen". Die Personaldecke sei denkbar knapp, sagt Altmann. Und Eichinger weist darauf hin, dass diese Situation in den kommenden Jahren verschärft werde, "wenn die Babyboomer-Generation in den Ruhestand gehen wird".

Das Problem sei auch, "dass wir das Wachsen nicht beschleunigen können, erklärt Anton Altmann. Die Ausbildung dauere nun mal drei Jahre. "Und wir sind nicht allein", im gesamten Bereich des Polizeipräsidiums Nord herrsche in den Inspektionen eine dünne Personaldecke. Auch Gertrud Eichinger zeigt sich in der Pressemitteilung überzeugt, dass sich die Situation in Erding so schnell nicht ändern werde. Ganz im Gegenteil: die Abschiebehaftanstalt an der Münchner Straße verschaffe dem Beamten einiges an Mehrarbeit. "Mit Einsätzen im Gefängnis, Abholung am Flughafen, Begleitung zu Arzt oder Krankenhaus sind seit Februar bis zum heutigen Tag 2197 Stunden aufgelaufen". Diese Zahl verteilt sich laut Altmann aber auch auf die Kollegen, die für diese Aufgabe zusätzlich von außerhalb in Erding stationiert worden sind.

Ganz klar: Jede Aufgabe mehr ist eine zusätzliche Belastung "und hält uns zum Beispiel davon ab, noch mehr Streife zu fahren." Ein Mehr an sichtbarer Präsenz der Polizei fördere das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. "Aber ich kann sagen, dass wir im Bereich der Inspektion eine im Verhältnis von der Personaldecke und der vorhandenen Sicherheitslage nicht unzufrieden sind." Auch die Aufklärungsquote befinde sich "im positiven Rahmen": 2017 wurden von insgesamt 3145 Straftaten 61,8 Prozent aufgeklärt. Im Bereich des Polizeipräsidiums Oberbayern Nord liegt die Quote bei 66,5 Prozent, "da arbeiten wir dran".

Doch nicht nur der Personalmangel war beim Besuch der Dritten Landrätin Thema. Wie Eichinger schreibt, hat sich Altmann gleich zu Beginn des Gesprächs nach Wohnungen für Auszubildende erkundigt, zum Beispiel würden demnächst Kollegen von der Polizei am Flughafen speziell für Abschiebungen von Flüchtlingen geschult. Diese müssten sich in der Boomregion eine Bleibe suchen, auch die neun Praktikanten, die jährlich nach Erding versetzt würden, hätten große Probleme eine bezahlbare Wohnung zu finden. 30 bis 40 Prozent der Mitarbeiter der Polizeiinspektion Erding pendeln, hat Eichinger bei ihrem Besuch erfahren. Manche fahren täglich nach Franken oder in den Bayerischen Wald.

"Bezahlbare Wohnungen sind bei uns grundsätzlich schwer zu kriegen, das trifft nicht nur die Polizei", sagt Anton Altmann. Das Leben in der Boomregion Erding sei ohnehin teuer. "Wenn ein junger Polizist mit Familie Alleinverdiener ist, dann wird es schon eng." Für Gertrud Eichinger wäre eine Erhöhung der Ballungsraumzulage für den Speckgürtel von München "die deutlich bessere Investition in die Polizei statt in einen aufwendigen Ausbau der Kavallerie".

Über mangelndes Interesse von Seiten der Politik kann sich Anton Altmann angesichts der kommenden Landtagswahlen nicht beklagen. Vor der Erdinger SPD-Politikerin Gertrud Eichinger war auch schon Grünen-Spitzenkandidatin Katharina Schulze zu Besuch in der Polizeiinspektion Erding. Das reicht nun auch, findet Altmann. Bis auf Weiteres wolle er keine Politiker mehr empfangen. Wer sich informieren wolle, dem berichte er gerne schriftlich, sagt er. Und falls Markus Söder vorbeikommen will? "Wenn er als Bayerischer Ministerpräsident kommt, dann ich kann fast nicht aus."

© SZ vom 31.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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