Hecken und Zäune:Bitte pflegeleicht

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Wer heute seinen Garten einfriedet, tut das gern mit Steinen, Maschendraht oder wetterfesten Plastik-Holz-Kombination

Von Regina Bluhme, Erding

Über Geschmack lässt sich streiten, gerade wenn es um Zäune, Hecken oder Mauern rund um Privatgärten geht. Erst kürzlich hat im Gemeinderat Forstern eine auffällige Einfriedung in Karlsdorf für Diskussion gesorgt. Wie ein Sicht- oder Lärmschutz ausschauen soll, das legen die Gemeinden in Bebauungsplänen selbst fest. Beim Material geht bei den Häuslebauern inzwischen der Trend weg vom Jägerzaun hin zur pflegeleichten Holz-Plastik-Version oder zum bewährten Maschendraht. Gegen Straßenlärm wird gerne auch mal stärkeres Geschütz aufgefahren, zum Beispiel eine massive Betonwand.

"Traditionelle" Zäune sieht man selten. (Foto: Stephan Görlich)

In der Oberdinger Ortschaft Aufkirchen zum Beispiel sorgt eine graue Betonwand vor einem Anwesen mitten im Ort nicht nur im Gemeinderat für kritische Stimmen. Doch die massive Mauer ist rechtens und genehmigungsfrei erstellt worden, erklärt Josef Steinkirchner, Geschäftsleiter im Oberdinger Rathaus. Anders sieht es in Neubaugebieten aus, für die im Bebauungsplan die Ausmaße der Einfriedungen festgelegt sind. Während in älteren Wohngebieten oft ein Nebeneinander von Hecken, Holzzäunen und Steinwände anzutreffen ist, macht sich in Neubaugebieten ein Thema bemerkbar: "Bitte pflegeleicht". Der Trend geht zu WPC. Der Begriff WPC kommt aus dem Englischen und steht für "Wood Plastic Composite" und besteht aus unterschiedlichen Anteilen von Holzfasern oder Holzmehl und Kunststoff. Der große Vorteil: "Die Wände sind pflegeleicht, Sie brauchen nichts mehr zu streichen", erklärt Marktleiter Vincenzo Pisani vom Hagebaumarkt in Erding. Die Zäune werden seit zwei Jahren gerne gekauft und seien mittlerweile in fast allen Neubausiedlungen anzutreffen. "Sie sehen schicker und moderner aus", ist Pisani überzeugt.

Holz, Stahl, Beton: Vor allem in Neubausiedlungen hat der Jägerzaun ausgedient. (Foto: Stephan Goerlich)

Der alte Jägerzaun hat ausgedient. Schon seit 15 Jahren hat Otto Lachner von Lachner Zäune aus Moosinning keinen mehr verkauft. Holzzäune gelten als nicht pflegeleicht, da sie alle paar Jahre gestrichen werden müssen. Er stellt fest, dass in Neubaugebieten immer noch gerne Doppelstabmatten errichtet werden. Die WPC-Wände seien sehr im Kommen, sagt auch er.

Auch bei einer Betonwand ist optisch nicht alles verloren, erklärt Gerald Forstmaier, Landschaftsarchitekt aus Dorfen. An den kahlen Wänden könnte sich Efeu hochranken. Ein bepflanzter Maschendrahtzahn biete einen guten optischen Sichtschutz und dazu noch einen Lebensraum Bienen und Vögel.

Manchmal kann die moderne Abgrenzungsvariante zu Nachbarschaftsstreitigkeiten führen. (Foto: Stephan Goerlich)

In Oberding wurde kürzlich eine Wand aus Cortenstahl mit eingefrästen Blumen genehmigt, auch wenn der Anblick nicht den Geschmack jedes Gemeinderats traf. Bleibt nur zu hoffen, dass die Rostoptik wenigstens dem Nachbarn gefällt. Mit dem sollte nach Ansicht von Steinkirchner ohnehin im Voraus der geplante Sichtschutz besprochen werden.

Ärger gibt es immer wieder, wie bei der Pressestelle des Landratsamts zu erfahren ist. Entweder, weil die Einfriedungen gegen die Festsetzungen des Bebauungsplans verstoßen oder weil Nachbarn über zu geringe Abstandsflächen oder den Schattenwurf klagen. Die Anzahl der Fälle sei konstant, schreibt die Pressestelle. Zehn bis 15 sind es pro Jahr. Es komme immer wieder vor, dass gegen rechtswidrige Zäune oder Einfriedungen "Beseitigungsanordnungen" erlassen werden. Aber nicht jeder Verstoß führe zu einem Rückbau. Bei einem Zaun, der zehn Zentimeter über den erlaubten Höhe gebaut sei, könne es auch ein Bußgeldverfahren tun. Eine Streitigkeit unter Nachbarn wiederum sei eine privatrechtliche Angelegenheit und da dürfe das Landratsamt nur beratend tätig sein. Allerdings werde sowohl von Kläger- als auch von Angeklagtenseite regelmäßig "nach Hilfe angefragt". Manchmal landet die Sache vor Gericht. Am Amtsgericht Erding stritten nach Auskunft der Pressestelle Nachbarn schon mal über Hecken, die zuwenig geschnitten waren oder zu wenig Abstand zum Grundstück hatten.

In manchen Fällen wäre es wohl besser gewesen, ganz auf einen Zaun zwischen den Grundstücken zu verzichten. Eine Pflicht zur Einfriedung von Privatgärten gibt es laut Steinkirchner nicht. In anderen Ländern gebe es weder Zäune noch Mauern vor dem Haus. "Aber wir machen das halt gern." Das musste auch die Stadt Erding im Wohngebiet zwischen Bahntrasse und Sempt sowie beiderseits der Zugspitzstraße feststellen. Laut Bebauungsplan wären bei Gärten mit weniger als sechs Metern Tiefe und bei Geschosswohnungen weder Zaun und Hecke zulässig. Eine Überprüfung 2018 ergab, dass fast jedes Grundstück eine Einfriedung besitzt und zwar in allen möglichen Variationen. Angesichts der Tatsachen kapitulierte die Stadt, die Verwaltung stellte lediglich die Mängel fest, Konsequenzen gab es nicht.

In Forstern wiederum will man nach dem Ärger mit der massiven Wand künftig die Festsetzungen in Bebauungsplan genauer definieren und stärker auf die Einhaltung achten, wie Bürgermeister Georg Els (AW) ankündigte. Laut Geschäftsleiterin Petra Süsens laufen Überlegungen, wie diese Kontrollen ausgeführt werden könnten. Einmal im Jahr, das werde nicht reichen.

© SZ vom 03.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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