Grenzenlos gut:Leckereien aus Frankreich mitten in Bayern

Lesezeit: 3 min

Einen Galettes des Rois, die französische Variante eines Dreikönigskuchen, hatte Ludovic Gerboin zum Französischkurs in Glonn mitgebracht. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ludovic Gerboin bringt in seiner Bäckerei in Moosinning das beste Gebäck aus zwei Welten zusammen

Von Stefanie Deime, Moosinning/Glonn

Knusprige Baguettes, saftige Galettes des Roi und cremig-gefüllte Eclaires - Ludovic Gerboin hat eine Auswahl seiner Leckereien mitgebracht. Der französische Bäcker aus Moosinning, der auch schon im Fernsehen war und den das Z eit Magazin porträtiert hat, ist zu Besuch bei einem Französischkreis in Glonn und berichtet, wie er Baguettes und Brezen unter einen Hut bringt.

"Seit ich ein kleiner Junge war, wollte ich Bäcker werden", erzählt der 38-Jährige, der aus der Bretagne stammt. In seiner Heimat verfolgte Ludovic seinen Traum, machte die Ausbildung zum Bäcker, Konditor und Chocolatier und erhielt schließlich den Meisterbrief. Durch ein Austauschprogramm kam er im Alter von 20 Jahren nach Deutschland, um Erfahrungen im Ausland zu sammeln. "Das Land ist zwar ein bisschen kalt, aber ein Jahr dürfte schnell umgehen", liest er vor. Er hat einige bedruckte Seiten vor sich liegen, ein Manuskript, denn er hat seine Lebensgeschichte schon einmal vor dem deutschen Bäckerkongress erzählt. An diesem Nachmittag in Glonn tut er es auf sehr charmante Art und Weise, immer wieder bringt er seine Zuhörer zum Lachen.

Die Menschen, die heute der Geschichte des Bäckers lauschen, treffen sich hier sonst, um in der Gruppe Französisch zu lernen oder ihre Sprachkenntnisse wieder aufzufrischen. Ludovic wartet kurz ab, dann fährt er mit seiner Erzählung fort. Als er nach Deutschland kam, erhielt er die Möglichkeit, in einer Allgäuer Bäckerei zu arbeiten. Dort lernte er, dass die Unterschiede zwischen deutschen und französischen Backwaren sehr groß sein können. "Die Deutschen zum Beispiel wollen keine Löcher in ihrem Brot", sonst würden Butter und Marmelade sich nicht ordentlich verstreichen lassen, sagt er und lächelt.

So war das erste Jahr für Ludovic schnell vergangen - doch den Gedanken, in die Heimat zurückzukehren, verwarf er rasch wieder. Schließlich hatte er inzwischen seine Frau Anette kennengelernt, Freunde im örtlichen Fußballverein gefunden und von seinem Chef das Angebot erhalten, noch länger in der Bäckerei zu arbeiten, um dort die deutsche Meisterprüfung zu machen - sein französischen Meistertitel wurde hier nicht anerkannt.

Ludovic nahm das Angebot an, absolvierte die Prüfung erfolgreich und machte sich selbständig. Um den Bayern zu zeigen, was man in Frankreich unter großer Backkunst versteht, übernahm er vor sieben Jahren die Bäckerei Ways in Moosinning. "Tatsächlich war das erst einmal eine richtige Katastrophe", sagt er. Es dauerte seine Zeit, brauchte Umzüge und Umstrukturierungen im Unternehmen, bis sich immer mehr Kunden trauten, bei dem Franzosen einzukaufen. "Heute denke ich, dass es - ganz egal woher man kommt - wichtig ist, immer um seine Träume zu kämpfen."

Als Bäcker lege er viel Wert darauf, sich mit seinen Produkten von der Konkurrenz abzuheben. Er probiere ständig Neues aus, lässt sich von anderen Rezepten inspirieren. "Kreativität ist für mich besonders wichtig", ebenso, dass ihm das Gebäck selbst schmecke, betont Ludovic. In seiner Bäckerei hat er eine Mischung aus französischen und deutschen Leckereien im Angebot - neben den typisch französischen Baguettes also auch Brezen und Laugenstangerl. Der Betrieb läuft gut. Insgesamt gibt es drei Filialen im Erdinger Landkreis, zudem einen Verkaufswagen, mit dem die Backwaren ausgeliefert werden. Rund 30 Angestellte unterstützen Ludovic. Die Arbeit kostet den zweifachen Vater viel Zeit - um halb ein Uhr nachts beginnt er in der Backstube zu arbeiten, gegen sieben oder acht Uhr morgens ist er wieder zu Hause. Einmal monatlich veranstaltet er zudem ein "Backen in der Nacht". Dazu können sich Gruppen von vier bis fünf Teilnehmern anmelden, um nachts in der Backstube mitzuarbeiten.

Doch das alles mache ihm Spaß, sei seine Leidenschaft, antwortet Ludovic auf die Frage, ob die Arbeit nicht einmal zu viel werden würde. Ihm ist es wichtig, dass das Handwerk in seiner Tradition weiterhin gepflegt wird und nicht ausstirbt: "Es gibt kaum noch Nachwuchs.". Die Ausbildungen in den Großbetrieben hätten dabei oft nichts mehr mit dem ursprünglichen Handwerk zu tun, bedauert er.

Dass Ludovic das Backen aber auf jeden Fall beherrscht, schmeckt man. Von der Galette de roi ist am Ende nicht mehr viel übrig, auch die Eclaires, ein Gebäck aus glasiertem und gefülltem Brandteig, haben große Begeisterung ausgelöst. Ludovic Gerboin wird wohl einige Menschen aus dieser Glonner Runde wieder sehen - ob beim "Backen in der Nacht" oder als Kunde vor der Ladentheke.

© SZ vom 26.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: