Goldfischnachwuchs:Weniger ist mehr

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Fische aus dem Gartenteich sollen nicht in heimische Gewässer ausgesetzt werden, deswegen bietet der Verein Aquaterra eine Börse an. Der Bund Naturschutz kritisiert dabei jedoch nicht nur die Haltung exotischer Arten

Von Korbinian Hartmann, Erding

Sobald das Eis getaut ist, gibt es in den Gartenteichen wieder Nachwuchs. Weil sich besonders Goldfische schnell vermehren und Besitzer oft nicht wissen, wie sie mit den vielen Jungfischen umgehen sollen, bietet der Verein Aquaterra aus Erding seit mehr als dreißig Jahren eine Zierfisch- und Pflanzenbörse an. Jeden dritten Sonntag im Monat haben Teich- und Aquariumbesitzer die Möglichkeit, den Überschuss an Tieren im Gasthof Bauer in Kirchasch an interessierte Gartenteichbesitzer zu verkaufen. Ob die Aktion Umsatz bringt, stehe dabei nicht im Vordergrund, sagte Reinhard Huber, zweiter Vorsitzender und selbst Teichbesitzer. Dennoch finde er es bedrückend, dass der Preis, den die Verkäufer individuell mit den Interessenten aushandeln, aufgrund des großen Angebots zum Teil nur 70 Cent für einen Goldfisch betrage.

Nicht verkaufte Exemplare ließen sich aufgrund der hohen Lebenserwartung von Goldfischen auch gut überwintern, dennoch setzten nach wie vor viele Menschen ihre Tiere aus. Besonders problematisch sei das bei exotischen Tieren wie der in den Tropen beheimateten Wasserschildkröte. "Arten aus einer anderen Fauna tragen teilweise Krankheiten in sich, gegen die sie selbst immun sind. Heimische Fische sind aber oftmals nicht geschützt: Sie stecken sich an und eine Seuche breitet sich aus", sagte Huber.

Zwar dürfen invasive Arten, die für die einheimische Flora und Fauna eine Gefährdung darstellen, nicht gehalten werden. Weil Fischbörsen die Nachfrage von Standardteichfischen im Einzelhandel aber nahezu verdrängten, gibt es dort dennoch vermehrt exotische Arten wie die Regenbogenelritze zu kaufen, sagte Benjamin Winkler, Leiter der Zooabteilung im Hagebaumarkt Erding. "Wir bieten beispielsweise asiatische Biotopfische an, die sich auch in bayerischen Teichen halten lassen und Temperaturschwankungen standhalten."

Huber bestätigt, dass sich die Regenbogenelritze wohl nicht negativ auf die bayerische Fauna auswirke. Im Gegensatz zur heimischen Elritze habe die asiatische Art auch in den inzwischen zum Teil überfüllten und im Sommer sehr schnell überhitzten Gartenteichen höhere Überlebenschancen. An andere Umstände seien die Tiere aber nicht angepasst, zum Beispiel an kalte Winternächte. "Eine weitere Gefährdung ist die auffällige Farbe der Fische, die sie in offenen Gewässern zu einer schnellen Beute macht."

Manfred Drobny, Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz in Erding, hält den Kauf exotischer Arten im Allgemeinen für nicht artgerecht. "Wenn ich damit rechne, dass meine Fische den Winter nicht überleben, grenzt es an Tierquälerei, wenn ich sie trotzdem in den Teich einsetze." Trotzdem seien die Menschen zunehmend um Artenschutz bemüht, wie Huber feststellte. Neben den Goldfischen hätten sich auf den Börsen inzwischen Biotopfische durchgesetzt. Die einheimischen, kleinen Fische, die nicht unter die Speisefische fallen, seien in der freien Natur kaum mehr anzutreffen. Das trage zum Erhalt der Arten bei. Drobny sieht darin allerdings keine Lösung für den Artenschutz. "Goldfische, die auch nicht heimisch sind, wühlen den Teich auf und benötigen viel Platz", sagte er. Das sei unnatürlich, denn dadurch siedelten sich keine heimischen Arten an. Im Hinblick auf den Insektenschutz sei ein Gartenteich mit Fischen die falsche Investition. "Goldfische fressen die Insekten, was verhindert, dass diese sich in ihrer natürlichen Umgebung entwickeln." Wer einen Beitrag zum Artenschutz leisten möchte, verzichte stattdessen lieber auf die Fische im Teich. "Heimische Wasserpflanzen einzusetzen genügt oft schon, damit der Teich auf natürliche Weise von verschiedenen Arten besiedelt wird. So entsteht ein Biotop ohne menschlichen Einfluss." Für möglich hält Drobny höchstens die Haltung heimischer Fischarten wie der Karausche. Ansonsten sei ein Aquarium die bessere Lösung, sagte er.

Huber sieht im Klimawandel eine potenzielle Gefährdung für die kleinen Gewässer. "Wenn das Regenwasser nicht mehr reicht und die Teiche austrocknen, sind wir angehalten, die Verluste mit Wasser aus Brunnen oder Zisternen auszugleichen." Dass in den vergangenen Jahren bereits im April die Sonne viel geschienen habe und der Wind sehr trocken gewesen sei, habe neue Teichbesitzer schockiert. "Vor dem April besteht noch ein Risiko für Bodenfrost. Wenn es dann aber schon so heiß ist und die Leute noch keine Pflanzen eingesetzt haben, die dem Teich Schatten spenden, verdunstet schnell sehr viel Wasser."

Ratsuchenden stehen Aquaterra-Mitglieder auch auf der nächsten Zierfisch- und Pflanzenbörse am 17. März im Landgasthof Bauer in Kirchasch Rede und Antwort. Verkäufer müssen sich ein paar Tage vorher anmelden und eine Beckengebühr von drei Euro zahlen, für Käufer ist der Eintritt kostenlos.

© SZ vom 27.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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