Glyphosat - ja oder nein?:Konkurrenzlos günstig

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Die Landwirte müssten ihre Arbeitsweise ändern, wenn Glyphosat verboten wäre. Sie müssten wieder mehr pflügen. (Foto: Claus Schunk)

Agrar-Experten im Landkreis hoffen, dass das umstrittene Pflanzenschutzmittel Glyphosat mangels Alternative auf dem Markt bleibt, für Biolandwirtin Bernadette Lex ist das Herbizid dagegen "Gift"

Von Katharina Aurich, Erding

Nicht nur die EU-Länder streiten über die Wiederzulassung des umstrittenen Herbizids Glyphosat, das alle wachsenden Pflanzen vernichtet. Auch in den Landkreisen Erding und Freising hat das weltweit erfolgreichste Pflanzenschutzmittel, das im Verdacht steht, krebserregend zu sein, Gegner und Befürworter. Bei der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LFL) in Freising geht man davon aus, dass das Mittel für weitere sieben Jahre zugelassen wird. Zu Glyphosat gebe es keine Alternative, sagt Klaus Gehring, Chef der Arbeitsgruppe Unkrautbekämpfung.

Wenn es nicht mehr zugelassen würde, dann müssten Landwirte ihre Bewirtschaftungsform ändern und wieder vermehrt pflügen, so Gehrings Einschätzung. Genau das ist für Biolandwirte selbstverständlich, sie verzichten grundsätzlich auf Pflanzenschutzmittel. Glyphosat sei ein Gift, sagt Agraringenieurin Bernadette Lex, die in den Landkreisen Erding und Freising mehr als hundert Hektar Ackerland biologisch bewirtschaftet. Bereits 1979 hatte ihr Vater den traditionellen Betrieb auf Ökolandbau umgestellt. Sie würde es begrüßen, wenn das Mittel nicht mehr "tonnenweise auf Äckern" versprüht würde.

Die Vorteile des günstigen Unkrautvernichters, der unspezifisch alles, was wächst, abtötet, sind für konventionell wirtschaftende Landwirte unschlagbar. Glyphosat ermögliche, auf das Pflügen weitgehend zu verzichten, was wiederum die Böden schone und Kosten spare, so Klaus Gehring. Bevor im Herbst oder Frühjahr das neue Saatgut in den Boden kommt, mache der Landwirt auf seinem Acker "reinen Tisch", in dem er alle keimenden Unkräuter abspritze. Oftmals werde auch nach der Ernte das Stoppelfeld mit dem Wirkstoff behandelt. Besser bekannt als der Zungenbrecher Glyphosat, das weltweit in etwa 80 verschiedenen Produkten enthalten ist, sei der Markenname "Roundup", das erfolgreichste Glyphosat-haltige Herbizid, erläuterte Helmut Tischner, Chef des Instituts für Pflanzenschutz der LFL.

Der Wirkstoff werde von den grünen Pflanzenteilen aufgenommen, in der Pflanze abgebaut und entfalte sofort seine Wirkung. Im Boden werde Glyphosat, das als einen Baustein Phosphor enthält, gebunden und nicht ausgewaschen, schildert der Agraringenieur. Seine "Umweltgefährdung ist relativ günstig einzuschätzen", sagt er, jedes Jahr werde in Deutschland auf 40 Prozent der Felder mindestens ein Mal Glyphosat ausgebracht. Auch in Hausgärten oder Gartenbaubetrieben kommt das Mittel zum Einsatz. Mittlerweile werden in den USA gentechnisch veränderte Nutzpflanzen wie Mais oder Soja angebaut, die gegen Glyphosat resistent sind. Daher könne das Mittel dort jederzeit im wachsenden Bestand gespritzt werden, ohne die angebaute Kultur zu schädigen. Auch Gerhard Stock, Geschäftsführer des Bauernverbands Freising-Erding, hofft, dass Glyphosat für weitere sieben Jahre zugelassen wird, denn das Mittel sei hilfreich und vereinfache den Anbau. Sollte es vom Markt genommen werden, müssten die konventionell wirtschaftenden Landwirte das Unkraut mechanisch oder mit anderen, teureren Chemikalien vernichten, was zusätzliche Arbeit und Kosten verursache, sagt Stock.

Natürlich seien die sogenannten Ackerbegleitkräuter, wie Ökolandwirte das Unkraut bezeichnen, auch für Biobauern oftmals ein Problem. Man müsse immer hinterher sein, dass die Flächen sauber sind und nach einem milden Winter wie heuer noch einmal extra die Felder hacken und mechanisch von Unkraut befreien, schildert Bernadette Lex. Glyphosat sei verlockend einfach anzuwenden und konkurrenzlos preisgünstig, sagt die junge Frau. Noch während ihrer Lehre habe sie in der Berufsschule gehört, das Zeug sei so ungefährlich, das könne man trinken. Doch schon damals sei sie misstrauisch gewesen. Vor zwei Jahren habe die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft dann davor gewarnt, es mit dem Glyphosat zu übertreiben, und Landwirten geraten, das Mittel nur dann einzusetzen, wenn es wirklich nötig sei, erinnert sich die Agraringenieurin.

Der Verbrauch steige trotzdem immer weiter an. Bis Ende Juni darf Glyphosat noch vertrieben werden, am Donnerstag wurde die Entscheidung über die gesetzlich vorgeschriebene, neuerliche Zulassung vertagt, da sich die EU-Länder bisher nicht einigen können.

© SZ vom 23.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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