Gespräche laufen bereits:Lockmittel Azubi-Wohnheim

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Der Gewerbeverein will den Standort für Lehrlinge attraktiver machen und ihnen günstige Mieten anbieten. Die Stadt könnte für das Projekt ein Grundstück am Südlichen Thermengarten zur Verfügung zu stellen

Von Regina Bluhme, Erding

Es klingt nach einer gute Sache für alle Seiten: Ein Wohnheim soll Lehrlingen eine bezahlbare Unterkunft ermöglichen und zugleich die Auszubildenden in der Region halten. In Erding werden dafür gerade kräftig Pläne geschmiedet. "Ein Wohnheim für Auszubildende ist unser nächstes großes Projekt", erklärt Vorsitzender Dirk Urland, Vorsitzender des Gewerbevereins Erding. Nach seinen Angaben konnte er auch schon einige Unternehmen ins Boot holen. Erdings Oberbürgermeister Max Gotz will bei der Grundstückssuche helfen und hat als Standort eine Fläche beim Südlichen Thermengarten ins Spiel gebracht.

Das Thema "Azubi-Wohnheim" ist nicht neu. Wie Urland berichtet, wurde die Idee bereits bei den Gewerbetagen 2016 vom Erdinger Bäckermeister Max Neumaier angesprochen. Bei den Gerwerbetagen 2017 ist das Wohnheim erneut zur Sprache gekommen nachdem bis dahin nichts in der Beziehung passiert ist. Vor wenigen Tagen hat OB Gotz vor der Handwerkerschaft auch das Thema angeschnitten. Der Lehrlingsmangel in der Boomregion hat wohl den Druck verstärkt. "Wir wollen das Projekt jetzt angehen und vorantreiben", sagt Urland. In Erding habe er bereits Mitstreiter gefunden, darunter die Geschäftsführer Anton Stimmer vom Bauzentrum Auer und Hans-Joachim Jäger vom Autohaus Nagel sowie Heidi Huber-Kamm, Geschäftsführerin von Huber Technik.

"Wir haben insgesamt einfach zu wenig Wohnraum für unsere Mitarbeiter, die von außen kommen", sagt Anton Stimmer. 20 Prozent seiner 140 Mitarbeiter pendelten jeden Tag. "Ich glaube, ein Wohnheim würde auch die Verkehrssituation entlasten", ist er überzeugt. Zentral gelegen sollte das Wohnheim sein. "Das müssen wir jetzt anpacken, es pressiert", betont Stimmer. Das sieht Hans-Joachim Jäger genau so. Mittlerweile würden Münchner Unternehmen wie BMW oder Siemens bei Erdinger Ausbildungstagen "herumfischen". Um mit den Münchnern Schritt zu halten, müssten sich die Auszubildenden es sich leisten könnten, in der Großen Kreisstadt nicht nur zu arbeiten, sondern auch zu leben. Das gelte im Übrigen für alle Mitarbeiter. Auch Fachkräfte würden gesucht, doch inzwischen verzichteten nicht wenige aus strukturschwachen Regionen auf einen besser bezahlten Job in Erding, weil ihnen aufgrund des Mietniveaus hier zuhause mehr vom Gehalt übrig bleibe. Hans-Joachim Jäger kann sich daher auch vorstellen, in dem Wohnheim auch Mitarbeiter in Probezeit wohnen zu lassen.

Exakte Planungen gibt es laut Gewerbeverein noch nicht, wohl aber Gespräche unter den Unternehmern und auch mit der Politik. Von Seiten der Stadt Erding habe er bisher "nur positive Signale erhalten", betont Dirk Urland. Wenn man sich bei den Unternehmen umhört, ist der Knackpunkt wohl die Frage, in wie weit sich die Stadt an dem Projekt beteiligt. Oberbürgermeister Gotz (CSU): "Der Impuls muss von den Unternehmen kommen." Es sei nicht Aufgabe der Stadt, ein Wohnheim zu bauen. "Die öffentliche Hand ist hier nicht zuständig." Er sehe es als Oberbürgermeister aber durchaus in seiner Zuständigkeit, "ein entsprechendes Grundstück zur Verfügung zu stellen", und da habe er auch schon eins am Südlichen Thermengarten im Auge. Außerdem will Gotz das Projekt dahingehend unterstützen, dass die Bauleitplanung "schnell an Ziel kommt." Dann verrät er noch, dass er im Juli ein Gespräch "mit einem Erdinger Unternehmer" wegen des Wohnheims führen werde. "Vielleicht wird es ja bald was", sagt Oberbürgermeister Max Gotz.

"Noch befinden wir uns in der Phase des Ideensammelns, die Planungen stecken noch in den Kinderschuhen", sagt Dirk Urland. In der Unternehmerschaft werde aber schon eifrig diskutiert, wie so ein Modell aussehen könnte. Ob es ein privater Investor baut und vermietet, oder ob die Stadt baut und vermietet, ob einzelne Firmen ein Appartement kaufen oder für ihre Azubis mieten, ob es ein Betreuungspersonal für die jungend Bewohner geben muss oder ob es eventuell für das von der Stadt zur Verfügung gestellte Grundstück eine Erbpachtregelung gibt oder wie man an Fördermittel, vielleicht auch von der EU, kommt.

Kreishandwerksmeister Rudolf Waxenberger sieht das Projekt "im Grunde positiv", bleibt aber doch eher skeptisch. "Mit dem Gebäude allein ist es noch nicht getan", lautet sein Kommentar mit Blick auf den Trend "zur immer höheren Schulbildung." Seiner Erfahrung nach bräuchte das Azubi-Wohnheim "auf jeden Fall eine soziale Betreuung und einen Hausmeister vor Ort." Auch bei der Finanzierung hat Waxenberger klare Vorstellungen. "Meiner Ansicht nach kann das nur funktionieren, wenn es eine staatliche Förderung gibt." Wolfgang Kraus, Vorsitzender der Händler-Interessensgemeinschaft Ardeo, ist grundsätzlich positiv eingestellt. Er persönlich finde es "sehr sinnvoll über die Idee des Azubi-Wohnheims nachzudenken." Dirk Urland hofft nun, dass das Azubi-Wohnheim "ein großes Gemeinschaftsprojekt" wird. "Denn dann kann es auch ganz schnell gehen".

© SZ vom 01.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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