Gericht:Bahnhofsschläger werden angeklagt

Lesezeit: 2 min

Zahlreiche Ebersberger zeigen sich im vergangenen Oktober solidarisch mit den Opfern eines Überfalls von Rechtsradikalen auf einen Imbiss. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Verfahren gegen acht Personen, die im Herbst 2015 einen Imbiss-Laden am Ebersberger Bahnhof überfallen haben

Von Wieland Bögel, Ebersberg/München

Elf Monate nach dem rechtsextremen Überfall auf einen Döner-Imbiss am Ebersberger Bahnhof hat die Staatsanwaltschaft München II Anklage erhoben. Diese richtet sich gegen insgesamt acht Personen, sie werden unter anderem der Volksverhetzung, der gefährlichen Körperverletzung sowie der Bildung einer bewaffneten Gruppe beschuldigt. Wann es zum Prozess kommt, steht noch nicht fest. Die Staatsanwaltschaft rechnet für heuer nicht mehr mit dem Beginn der Hauptverhandlung.

Am 25. September vorigen Jahres, einem Freitag, dringen gegen 21.45 Uhr mehrere mit Stöcken, Hämmern und mindestens einem Messer bewaffnete Personen in den Dönerladen am Ebersberger Bahnhof ein. Sie plärren rechtsradikale Parolen, zerschlagen Einrichtungsgegenstände und die Glastür und attackieren die Gäste. Ein 31-jähriger Afghane wird mit einem Baseballschläger angegriffen und erheblich verletzt, er muss anschließend einige Tage im Krankenhaus verbringen. Ein 20-Jähriger erleidet eine Schnittwunde an der Hand.

Mindestens zwei der am Überfall beteiligten Personen sollen bereits einige Stunden zuvor Ausländer beschimpft und beleidigt haben. Daraufhin rief der Besitzer des Dönerladens die Polizei. Bei deren Eintreffen waren die Pöbler allerdings schon verschwunden. Auch beim späteren Überfall auf den Imbiss konnten die Angreifer nicht auf frischer Tat erwischet werden. Als die Polizei auf den Notruf des Imbissbetreibers reagierte, waren die Täter nicht mehr anzutreffen - was der Polizei später den Vorwurf einbrachte, zu langsam gehandelt zu haben, immerhin ist die Wache nur rund 400 Meter vom Bahnhof entfernt. Im weiteren Verlauf des Abends konnte die Polizei dennoch einen Erfolg vorweisen: noch am Tattag wurden acht Personen - sieben Männer und eine Frau - in Ebersberg festgenommen. Nach Ausnüchterung und Befragung wurden die Verdächtigen im Alter von 19 bis 34 Jahren dann wieder auf freien Fuß gesetzt.

Inzwischen scheint, zumindest für die Staatsanwaltschaft, die jeweilige Tatbeteiligung der einzelnen Verdächtigen geklärt. Wie Oberstaatsanwalt und Pressesprecher Ken Heidenreich erläutert, wurden alle acht wegen Bedrohung und Sachbeschädigung sowie der Bildung einer bewaffneten Gruppe angeklagt. Vier Anklagen gibt es darüber hinaus wegen gefährlicher Körperverletzung oder Beihilfe dazu. Zwei Personen sind wegen Volksverhetzung angeklagt.

Bei einer Verurteilung drohen den Beschuldigten erhebliche Konsequenzen. So liegt die Höchststrafe für Volksverhetzung etwa bei fünf Jahren Gefängnis, für die Bildung einer bewaffneten Gruppe genau wie für Sachbeschädigung bei zwei und für gefährliche Körperverletzung mit Waffen können sogar bis zu zehn Jahren Haft verhängt werden. Wann es zu einer Verhandlung kommt, kann Heidenreich noch nicht sagen. Zunächst läuft jetzt die Stellungnahmefrist, in der Regel mindestens vier Wochen, während derer sich die Beschuldigten äußern können. Diese Frist war auch der Grund, warum die bereits seit einigen Wochen vorliegenden Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft bislang zu keiner Anklage führten. Diese gilt nämlich erst als erhoben, wenn alle Beschuldigten davon in Kenntnis gesetzt wurden - eine Person war offenbar zunächst nicht erreichbar. Nach Ablauf der Frist entscheidet das Landgericht über die Zulassung der Anklage und einen Termin für einen Prozess. Dass dieser aber heuer noch stattfindet, sei nicht zu erwarten, sagt Heidenreich.

Der Fall hatte in Ebersberg viel Anteilnahme und Empörung ausgelöst. Gleich am Sonntag nach dem Angriff versammelten sich mehr als 80 Menschen zu einer spontanen Mahnwache am Bahnhof. Eine Woche darauf kamen 500 Teilnehmer zu einer Kundgebung im Klosterbauhof um ihre Solidarität mit den Opfern des Überfalles auszudrücken. Parteiübergreifend verurteilten Politiker aus dem Landkreis den Vorfall und warnten vor rechtsradikalen Umtrieben.

© SZ vom 23.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: