Gefährliche Körperverletzung:Ruhestörung rabiat beendet

Lesezeit: 2 min

Von Thomas Daller, Erding

Blutiges Ende einer Geburtstagsfeier: Weil ein paar polnische Arbeiter in ihrer Gemeinschaftsunterkunft bei Gaden lautstark einen Geburtstag gefeiert hatten, schritt der russische Vorarbeiter mit Unterstützung von zwölf bulgarischen Arbeitern aus einer anderen Unterkunft ein. Sie rückten in zwei Kleinbussen an, bewaffnet mit Holzlatten, einem Baseballschläger sowie einer Eisenstange und schlugen zu. Anschließend knöpfte der Vorarbeiter den Polen ihren Gehaltsvorschuss wieder ab, den sie erst am Vortag von ihm bekommen hatten. Damit wollte er sicherstellen, dass sie sich keinen weiteren Alkohol kaufen konnten. Der Fall wurde nun am Amtsgerichts Erding verhandelt. Die Anklage lautete auf gefährliche Körperverletzung und Beihilfe zur Nötigung.

Der Fall ist selbst für übliche Justizmaßstabe schon sehr alt: Die Schlägerei hat sich bereits Pfingsten 2014 abgespielt. Weil jedoch die Adressen der Zeugen häufig wechselten und teilweise nicht ermittelt werden konnten, zog sich der Verhandlungsbeginn immer wieder hin. Zumindest der Vorarbeiter wurde bereits verurteilt: Er erhielt ein Jahr und sechs Monate auf Bewährung.

Angeklagt waren ein 24-jähriger Bulgare, der mit der Eisenstange zugeschlagen und dies auch gestanden hatte. Er sagte, er habe "im Tumult" auf den Arm eines Polen gezielt und ihn versehentlich am Kopf getroffen. Der Mann erlitt eine Platzwunde sowie etliche Hämatome, aber keine bleibenden Schäden. Darüber hinaus war auch ein 49-jähriger Russe angeklagt, über dessen Tatbeteiligung man nichts Näheres wusste. Er sei halt bei diesem Überfall mit dabei gewesen.

Ein Beamter der Kriminalpolizei, der damals die Ermittlungen geleitet hatte, schilderte anhand der Aussagen die Vorgeschichte: Ein polnischer Arbeiter hatte seinen Geburtstag mit ein paar Landsleuten in der Unterkunft gefeiert und sie hatten die Nacht durchgemacht. Daraufhin hatten sich andere Arbeiter bei ihrem gemeinsamen Chef beschwert, weil sie am nächsten Tag arbeiten mussten und nicht schlafen konnten. Der Chef wiederum hatte seinen russischen Vorarbeiter angerufen, er solle die Ruhestörung beenden. "Das hat er dann auch gemacht", sagte der Mann von der Erdinger Kripo. "Auf die russische Art."

Der Vorarbeiter trommelte telefonisch zwölf Bulgaren aus einer anderen Unterkunft zusammen und holte sie mit zwei Kleinbussen ab. Am Ziel in Gaden deutete er auf die Feiernden, die daraufhin auf eine Fläche vor der Unterkunft geschleppt und verprügelt wurden. Anschließend brachte man sie in die Unterkunft, fixierte einen aufs Bett und schlug ihm mit der Faust ins Gesicht. Dann nahm man den Ruhestörern den Vorschuss wieder ab und verschwand.

Dem 49-jährigen Russen konnte man keine Tatbeteiligung nachweisen. Dem 24-jährigen Bulgaren auch nicht, wenn er nicht von Anfang an gestanden hätte, mit der Eisenstange zugeschlagen zu haben. Der einzige polnische Zeuge konnte ihn nicht identifizieren. Sein Geständnis wurde strafmildernd angerechnet: "Wenn Sie kein Geständnis abgelegt hätten, wären sie heute vermutlich nicht verurteilt worden", sagte der Vorsitzende des Schöffengerichts, Richter Schindler. Er verurteilte ihn wegen gefährlicher Körperverletzung und Beihilfe zur Nötigung zu neun Monaten, ausgesetzt auf drei Jahre zur Bewährung.

© SZ vom 12.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: