Fluss in Erding:Umstrittener Schutz

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Die Pläne des Wasserwirtschaftsamts für Hochwassermaßnahmen entlang der Sempt stoßen im Stadtrat auf Kritik

Der geplante Hochwasserschutz entlang der Sempt schlägt in Erding weiter Wellen. Kürzlich hatte das Wasserwirtschaftsamt München bekannt gegeben, dass das Rückhaltebecken bei Wörth vom Tisch ist, dafür werden Schutzwände und Deiche innerhalb Erdings errichtet. Seinem Ärger machte in der Stadtratssitzung Hans Balbach, Erding-Jetzt-Stadtrat und Semptanrainer, Luft. Er beantragte, dass sich der Stadtrat in einer der nächsten Sitzungen mit dem Thema befassen soll. Die SPD-Fraktion warnt in einem Schreiben vor "einer Mauer durch die Innenstadt".

OB Max Gotz (CSU) hat sich bereits für eine breite öffentliche Diskussion der jetzt geplanten Hochwasserschutz-Variante ausgesprochen. Christian Leeb, Leiter des Wasserwirtschaftsamts, zeigt sich für einen Besuch in dem Gremium aufgeschlossen. Wann und wie auch eine Debatte mit Bürgerbeteilung stattfinden kann, sei angesichts Corona-Krise allerdings offen. Laut Leeb wurden die 30 bis 40 betroffenen Grundstückseigentümer persönlich kontaktiert.

Hans Balbach ärgert sich über die Informationspolitik des Wasserwirtschaftsamts. In einer Zeit, in der jeder in Angst und Sorge lebe, werde den Anrainern "so was ums Gesicht gehauen". Christian Leeb sagt: "Wir wollten mit der Information nicht bis Herbst warten. Dann hätte es geheißen: Warum erst jetzt." Bei dem Projekt arbeite das Amt im Übrigen mit den Planern aus dem Rathaus zusammen.

Vier Varianten wurden durch ein externes Büro geprüft. Die jetzt in den Vorentwurf aufgenommene Lösung sieht einen Deich im Bereich Bergham sowie Wände in Höhe zwischen 40 Zentimetern und circa 1,50 Metern entlang der Sempt in den Ortsteilen Altenerding und Langengeisling vor. Diese Variante verbraucht laut Wasserwirtschaftsamt weniger Flächenverbrauch und kommt günstiger.

Die Kostenberechnungen sehen nach Angaben des Wasserwirtschaftsamt folgendermaßen aus. Bei der jetzt gewählten Variante 1 (linearer Ausbau ohne Becken) belaufen sich die Gesamtkosten (Baukosten inklusive Unterhalt und Betrieb) auf rund 20,52 Millionen Euro. Variante 2 (großes Rückhaltebeckens in Niederwörth) käme auf insgesamt 22,69 Millionen, Variante 3 (kleineres Becken in Niederwörth, kombiniert mit linearem Ausbau in Erding) auf 21,88 Millionen und Variante 4 (dezentrale Rückhaltebecken) auf 38,80 Millionen Euro. Hochwasserschutzmaßnahmen innerhalb Erdings wären in allen Varianten nötig gewesen, so Leeb.

"Die Forderung der SPD war, ist und bleibt: kein linearer Hochwasserschutz durch Erding!", schreibt nun Horst Schmidt, SPD-Fraktionssprecher im Stadtrat. Es käme "einer städtebaulichen Selbstvergewaltigung" gleich. Das Hochwasser bliebe und würde nur in die Innenstadt verlagert. "Die notwendige Folge wäre: Auch entlang des Fehlbachs und in Bereichen der Sempt eine Mauer durch die Innenstadt!", so Schmidt. Auch er fordert, dass die Pläne öffentlich bekannt gemacht werden, im Stadtrat und in Bürgerversammlungen und vor der Einleitung des Planfeststellungsverfahrens. Zudem müsse "auch mit den betroffenen Gemeinden um Erding herum der gemeinsame Schulterschluss gesucht werden".

Hans Balbach sieht die Maßnahmen ein wenig fatalistisch: "Man kann die Natur nicht ausbremsen", nicht zu einhundert Prozent beherrschen. Grundsätzlich würde eine regelmäßige Auskehr der Sempt einen großen Schutz bedeuten, ist er überzeugt. Entscheidend für die von einem Hochwasser betroffenen Anrainer wäre außerdem ein Entschädigungsfonds.

© SZ vom 04.04.2020 / regi - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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