Flüchtlinge in Altenerding:Die Macht der Wörter

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Wer sich zum Thema Asyl äußert, sollte gut darüber nachdenken, was er sagt. Denn manchmal haben Worte Folgen, die gar nicht beabsichtigt waren

Von Sebastian Fischer

Erdings Oberbürgermeister Max Gotz (CSU) hat es am Dienstagabend in der Stadtratssitzung noch einmal betont: Es sei Erdinger Tradition, Menschen aufzunehmen, die Hilfe bräuchten. Er hat das ohne Einschränkungen gesagt. Es ist sicher viel verlangt von den Bürgern, so viele Menschen in ihrer Mitte zu begrüßen. Aber es zeugt von Verantwortungsbewusstsein, ihnen das zuzutrauen - und mit Krisenrhetorik vorsichtig zu sein. Wie wichtig es ist, Wörter weise zu wählen, war schon am nächsten Morgen zu sehen, auf einem Container in Altenerding, in dem seit Anfang dieser Woche Familien und Frauen leben: Ein Hakenkreuz war darauf geschmiert.

Was sagt man dazu? Vielleicht, dass die Stimmung kippt? In manchen Gegenden Deutschlands rufen die Leute auf den Straßen rechte Parolen und beleidigen Flüchtlingshelfer. Hier, wo rechte Gedanken gar nicht zu kursieren schienen, beschmieren sie nun Container. Doch von der kippenden Stimmung zu sprechen, ist gefährlich. Die mutmaßlich Rechtsradikalen, die nächtens und heimlich ihr verirrtes Gedankengut streuten, könnten ja am Ende meinen, sie würden tatsächlich eine schweigende Masse repräsentieren. Und das wäre natürlich falsch. Es häufen sich ja auch die Meldungen der Kommunen, die sagen: Wir schaffen das!

Ein paar Bürger in Altenerding dachten, in ihrer friedlichen Nachbarschaft wäre das nicht zu schaffen. Sie starteten eine Initiative, die sich kritisch mit der Standortwahl des Altenerdinger Flüchtlingscontainers, gleich neben einem Kindergarten, auseinandersetzt. Sie distanzierten sich von rechter Gesinnung. Es wäre nun vielleicht ungerecht, einen Kausalzusammenhang mit der Hakenkreuz-Schmiererei auszumachen. Auf der anderen Seite haben sich die Täter sicher nicht ganz zufällig genau diese Unterkunft aus den mehr als 30 im Landkreis ausgesucht: Wörter haben Macht.

Was sagt man also? Christian Lenz von der Aktionsgruppe Asyl erklärt: "Für mich ist das einfach nur dumm." Er hätte es eigentlich gar nicht so wichtig gefunden, das noch mal explizit so zu auszusprechen. Das ist es aber.

© SZ vom 30.07.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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