Flüchtlinge auf Jobsuche:Zähes Geschäft

Lesezeit: 2 min

Nur sehr wenige Flüchtlinge im Landkreis haben bislang Arbeit gefunden. Arbeitsagentur und Jobcenter setzen deshalb verstärkt auf Vorbereitungs-Programme um Geflüchtete in Beruf oder Ausbildung zu bringen

Von Florian Tempel, Erding

Bei Ayman Alokab ging es ziemlich schnell. Der 27-Jährige hat nach seiner Flucht weniger als ein Jahr gebraucht, bis er eine Anstellung in seinem studierten Beruf als Vermessungstechniker fand. Ein Volltreffer und ein außergewöhnlicher Fall. Denn die große Zahl der Flüchtlinge im Landkreis steht ohne Job da. Laut den Zahlen des Landratsamts und des Jobcenters Erding hat bislang nur etwa jeder 20. Flüchtling im erwerbsfähigen Alter Arbeit - und fast immer sind es nur Helferjobs im Niedriglohnbereich.

Von den mehr als 1300 Flüchtlingen, deren Asylverfahren noch laufen, - darunter sind allerdings auch alle Kinder mitgezählt - haben laut einer Auswertung des Landratsamts nur knapp 50 einen Arbeitsplatz gefunden. Bei den anerkannten Flüchtlingen, für die das Jobcenter zuständig ist, sieht es kaum anders aus. Aktuell sind dort 136 Flüchtlinge ab 15 Jahren als arbeitssuchend registriert. Im vergangenen Jahr konnte das Jobcenter sechs Flüchtlingen einen Arbeitsplatz vermitteln, seit Anfang 2016 waren es zwei Vermittlungen.

In den ersten drei Monaten dürfen Flüchtlinge nicht arbeiten. Ab dem vierten Monat ist es prinzipiell möglich. Das Landratsamt kann dann eine "eingeschränkte Arbeitserlaubnis" ausstellen, aber nur, nachdem der Flüchtling einen Arbeitsplatz gefunden hat. Zuvor muss außerdem die Arbeitsagentur bescheinigen, dass der Job nicht mit einem deutschen oder EU-Bürger besetzt werden kann. Es kommt deshalb immer wieder vor, dass ein Flüchtling eine Stelle in Aussicht hat, diese aber nach der Vorrangprüfung doch nicht bekommt. Nach 15 Monaten entfällt die Vorrangprüfung, aber nur für anerkannte Flüchtlinge. Alle anderen erhalten erst nach vier Jahren eine uneingeschränkte Arbeitserlaubnis.

Bei der Arbeitsagentur in Erding gibt es seit Dezember 2015 eine Arbeitsvermittlerin, die nur für Flüchtlinge zuständig ist. "Sie ist gut ausgelastet", sagt der Erdinger Geschäftsstellenleiter, Klaus Katzschner. In der ersten drei Monaten habe sie schon 20 Flüchtlingen einen Job vermittelt. Es waren überwiegend Männer, die bereits längere Zeit im Landkreis leben. Der Großteil der Jobs waren Helferstellen in der Gastronomie und Hotellerie, ein paar fanden Arbeit im Reinigungsgewerbe oder als Lagerarbeiter, alles Jobs im Niedriglohnsektor. Beim Jobcenter ist das nicht anders. Von den acht Vermittlungen in den vergangenen 14 Monaten waren fünf Helfer-Nebentätigkeiten und drei Vollzeitstellen in der Gastronomie und der Landwirtschaft.

Die Arbeitsvermittlung für Flüchtlingen ist nicht nur wegen der bürokratischen Regelungen ein zähes Geschäft. Es gibt immer wieder banale Gründe, an denen es scheitert, wie fehlende Busverbindungen zum potenziellen Arbeitsplatz. Die hauptsächliche Hürde sind aber nicht ausreichende Deutschkenntnisse. Bei der Arbeitsagentur hat man erkannt, das für arbeitsuchende Flüchtlinge ein erster Deutschkurs in der Regel nicht ausreicht und sie für eine Erfolg versprechende Jobvermittlung weiter fit gemacht werden müssen. Vor einer Woche ist deshalb das Programm "Perspektive für Flüchtlinge" angelaufen. Die Arbeitssuchenden bekommen drei Monate lang weiterführenden Deutschunterricht und Bewerbungstraining. Noch sind es nur wenige Teilnehmer, bis Ende des Jahres soll es 50 Plätze geben, die laufend neu besetzt werden sollen. In Vorbereitung ist ein zudem ein sechs Monate dauerndes Training mit dem Titel "Integration durch Arbeit" für 20 Teilnehmer.

Jüngere Flüchtlinge will die Arbeitsagentur nach zwei Jahren an der Berufsschule mit einem sechs Monate dauernden "Ausbildungs-Quali" auf eine "assistierte Ausbildung" vorbereiten, die dann im Herbst 2017 starten könnte. "Viel Vorlauf" sei das, räumt Katzschner ein. Doch das sei notwendig. Nicht selten haben junge Flüchtlinge bislang eine begonnene Ausbildung schnell wieder abgebrochen. 20 weitere Flüchtlinge ab 21 Jahren, die schon in ihrer Heimat eine Berufsausbildung gemacht haben, will die Arbeitsagentur mit einem "Brückenjahr" auf den deutschen Arbeitsmarkt vorbereiten. Auch beim Jobcenter will man ähnliche Vorbereitungsmaßnahmen für Flüchtlinge intensivieren, um sie "mittel- bis langfristig" für Ausbildungen zu qualifizieren.

© SZ vom 09.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: