Fast ausgestorben - die Sparvereine:Ein Grillfest ist allemal drin

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Wichtig ist Hans Vosdellen, "dass beim Sparclub auch Menschen mit Migrationshintergrund mitmachen. Es ist ein schönes Miteinander." (Foto: Renate Schmidt)

Im Kasten ist das Geld sicher - auch vor dem Besitzer.

Von Regina Bluhme, Erding

Sparen ist wichtig und macht Spaß - unter diesem Motto steht seit nunmehr 90 Jahren der Internationale Weltspartag. Pünktlich zum 30. Oktober bringen wieder Kinder ihre Euros auf das Konto einer Bank oder Sparkasse. Doch Sparen kann tatsächlich Spaß machen. Zum Beispiel in einem Sparverein.

Im Gasthaus Eisenberger in Hörlkofen hängt ein Kasten mit 123 nummerierten Fächern. Jede Nummer gehört zu einem Mitglied des Sparclubs Hörlkofen. Immer donnerstags um 19 Uhr wird der Sparkasten geleert. Mindestens 1,20 Euro müssen dann im Fach sein, "sonst ist ein Strafgeld von einem Euro fällig", sagt Stephan Zerndl , der Vorsitzende des Sparvereins. Über das angesparte Geld wird Buch geführt, dann wird es auf die Bank gebracht und am Jahresende wird der angesparte Betrag ausgeteilt. Hohe Zinserträge erwartet beim Hörlkofener Sparverein niemand. "Wenn wir das heute auf die Mitglieder runterbrechen, liegen wir bei 50 Cent", berichtet Zerndl. Zusammen mit den Strafgeldern reicht es immerhin für ein Grillfest.

Auf die Zinserträge kommt es den Mitgliedern nicht an. "Wir sind ja auch kein eingetragener Verein, es geht um die Gemeinschaft, um das Beisammensein und nicht um das große Sparen", betont Stephan Zerndl. Wobei so mancher auch regelmäßig einen Fünf- oder Zehn-Euro-Schein in sein Fach werfe, um gezielt einen Betrag für Weihnachtsgeschenke oder Urlaub beiseite zu legen, so Zerndl. Im Sparkasten sei das Geld sicher - sicher auch vor dem Besitzer. "Zuhause wäre der Betrag vielleicht doch eher futsch", sagt Zerndl.

"Uns geht es nicht um möglichst hohe Zinsen, sondern um das gesellige Beisammensein", sagt auch Hans Vosdellen vom Erdinger Sparverein. 1988 ist der Verein gegründet worden, seit 1998 ist Vosdellen dabei. Wie es sich für einen Sparverein gehört, besitzt auch der Erdinger Club einen eigenen Sparkasten mit nummerierten Schlitzen. Monatlich sollten mindestens 20 Euro eingeworfen werden. "Wer nicht einzahlt, wird mit 2,50 Euro Strafgeld belegt", berichtet Vosdellen. Nach längerer Odyssee treffen sich die Erdinger Sparer jetzt vierten Donnerstag im TSV-Sportheim.

Es gehe den Mitgliedern nicht um das Ansparen großer Gelder, "aber wenn man für Weihnachtsgeschenke was zurücklegen will, tut man sich einfach leichter", ist Vosdellen überzeugt. Gemeinsame Feiern und Ausflüge stehen trotz niedriger Zinsen auch auf dem Programm. Wichtig ist Vosdellen, "dass beim Sparclub auch Menschen mit Migrationshintergrund mitmachen. Es ist ein schönes Miteinander." Nur die Anzahl der Mitglieder könnte sich etwas erhöhen. "Derzeit sind wir 23, wir waren schon mal 40", weiß Vosdellen.

Beim Sparclub Hörlkofen sind alle 123 Fächer belegt, berichtet Stephan Zerndl. Es gibt sogar zwei bis drei Interessenten auf der Warteliste. Doch die Zukunft des Clubs, der 1972 gegründet worden ist, hänge vom Gasthaus Eisenberger ab. "Wenn das Wirtshaus einmal zumacht, dann wird es uns auch nicht mehr geben".

Vielleicht gäbe es ja heute noch den Sparverein Eichenried, wenn 1999 nicht das Vereinslokal Stangl abgebrannt wäre. 1978 hat Günther Heigl den Verein gegründet und gleich mit 96 Sparern begonnen. "Zwischenzeitlich hatte der Sparclub sogar 200 Mitglieder", berichtet Günther Heigl. Durch den Brand des Stammlokals kam das Vereinsleben eine Zeitlang zum Stillstand, die Mitgliederzahlen schrumpften und vor fünf Jahren wurde der Verein aufgelöst. Heigl erinnert sich gerne an die Zeiten, als 14-tägig der Sparkasten geleert wurde. Wer nicht alle zwei Wochen mindestens zwei Euro einzahlte, musste 1,50 drauflegen. "Das Strafgeld kam dann in eine Vergnügungskasse, mit der wir einmal im Jahr ein Fest veranstaltet haben." Wo der Sparkasten gelandet ist, weiß Heigl nicht so genau. "Ich glaube der liegt auf dem Speicher der Raiffeisenbank Eichenried."

In die Rumpelkammer gehört der Weltspartag auf keinen Fall, betont Florian Kloiber, Filialdirektor der HypoVereinsbank Erding. Sparen sei wichtig und durchaus auch heute noch bei Jugendlichen angesagt. "Die sparen nur anders", sagt Kloiber. Das Geld werde auf ein Sparkonto gelegt, "aber nicht langfristig, sondern vielleicht fünf oder sechs Jahre, weil sie für ein bestimmtes Ziel sparen, zum Beispiel für den Führerschein".

"Kinder sollen frühzeitig lernen, dass Sparen wichtig ist", das ist laut Herrmann Seiler ein grundlegender Aspekt des Weltspartags. Bei der Kreissparkasse Erding-Dorfen werde der Weltspartag traditionell recht groß und über eine Woche lang gefeiert, erklärt der Leiter der Kommunikation. Schließlich sei die Idee auf dem Ersten Internationalen Sparkassenkongress entstanden. Die größeren Filialen wie Erding, Dorfen oder Taufkirchen würden sogar eigenen Kinderschalter aufbauen. In der Vergangenheit hätten sich schon mal 40 bis 50 Kinder um den Erdinger Schalter gedrängelt, berichtet Seiler. "Für den heutigen Tag erwarte ich nicht mehr die Massen, aber zehn bis 15 werden es sicher wieder sein".

© SZ vom 30.10.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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