Fairer Handel in Erding:Fair, ohne regional und bio

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Der Landkreis will Fairtrade-Landkreis werden

Von Florian Tempel, Erding

Der Strukturausschuss des Kreistags hat auf einen gemeinsamen Antrag von SPD, Grünen und Freien Wählern hin einstimmig beschlossen, der deutschen Kampagne der Fairtrade-Towns beizutreten. Zwei Zusätze wurden auf Drängen von Landrat Martin Bayerstorfer (CSU) jedoch herausgestrichen. Der Landkreis verpflichtet sich zwar der "Förderung des fairen Handels im globalen Süden", nicht aber explizit "der Förderung des fairen Handels in der Region" und auch nicht "der Förderung der ökologischen Produktion".

Die Stadt Erding ist schon seit vier Jahren eine von aktuell 658 Fairtrade-Towns. Bei dieser Kampagne können alle Arten kommunaler Einheiten, also Gemeinden, Städte oder Landkreise mitmachen. Um den Titel einer Fairtrade-Town zu erhalten, muss eine Kommune - oder eben der Landkreis - fünf Kriterien erfüllen, die ein tatsächliches Engagement für den fairen Handel widerspiegeln.

Grundlegend für eine Bewerbung ist ein Ratsbeschluss. Zur Untermauerung muss fortan außerdem bei allen Sitzungen im Landratsamt fair gehandelter Kaffee "sowie ein weiteres Fairtrade-Produkt" angeboten werden. Kein Problem: Im Landratsamt gibt es sowieso seit Langem nur faire Heißgetränke. Das erste Kriterium ist also schon mal geschafft. Im zweiten Schritt muss eine sogenannte lokale Steuerungsgruppe gebildet werden, die "den Dialog" zwischen Politik, Wirtschaft, Handel, Gastronomie und den Bürger zum Thema Fairtrade fördert und allerlei Aktivitäten auf den Weg bringt. Ganz wichtig für eine erfolgreiche Bewerbung des Landkreises ist es drittens, dass in mindesten 24 Einzelhandelsgeschäften und in zwölf Gastronomiebetrieben faire Produkte gibt. Carina Bischke, die in der Stadt Erding den Fairtrade-Gedanken vorantreibt, erklärte im Strukturausschuss, dass auch dieses Bewerbungskriterium schon mit Leichtigkeit erfüllt sei. Ebenso ist es mit dem vierten Punkt: Im Landkreis müssen sich eine Schule, ein Verein und eine Kirchengemeinde der Fairtrade-Idee verschreiben. Im Landkreis Erding gibt es bereits vier Fairtrade-Schulen. Kriterium Nummer fünf betrifft die Öffentlichkeitsarbeit. Hierbei werden vor der Aufnahme des Landkreises vier Presseartikel verlangt - gar kein Problem, denn es zählen sogar Veröffentlichung auf der Homepage des Landratsamts.

Alles in allem ist die Bewerbung offensichtlich einfach zu schaffen. Die von SPD, Grünen und Freien Wählern gewünschte Förderung des regional fairen Handels und der ökologische Produktion, lehnte die CSU jedoch ab. Landrat Bayerstorfer führte aus, dass es "bei uns" gar keinen unfairen Handel gebe. "Das ist in Afrika anders", dort gebe es Machenschaften, Ausbeutung und Kinderarbeit. Außerdem propagiert Bayerstorfer ein eigenes Regionssiegel für den Landkreis Erding. Den Ökolandbau zu fördern, dafür sei ein Landkreis nicht zuständig, sagte Bayerstorfer. Und es wäre es sogar unfair, weil die meisten Bauern im Landkreis Erding keine Biobauern sind.

© SZ vom 29.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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