Fahrt zur Demo in Berlin:Nachbesserungen erforderlich

Lesezeit: 1 min

Bundesteilhabegesetz missfällt Betreuten und Mitarbeitern in Algasing

Bewohner der Behindertenhilfeeinrichtungen der Barmherzigen Brüder in Algasing und Malseneck fahren am Montag, 7. November, zum Demonstrieren nach Berlin. Wie viele Menschen mit geistigen und körperlichen Handicaps fordern auch sie Nachbesserungen beim geplanten Teilhabegesetz. Bei den Barmherzigen Brüdern beschäftigt man sich seit Monaten intensiv mit dem Bundesteilhabegesetz, das am 1. Januar 2017 in Kraft treten soll und die Behindertenhilfe in Deutschland von Grund auf reformieren wird. Doch was endlich mehr Teilhabe und Selbstbestimmung gemäß UN-Behindertenrechtskonvention verspricht, droht durch handwerkliche Fehler zum Bumerang für bestimmte Personengruppen zu werden.

Informationen über das komplexe Thema holten sich Mitarbeiter und Bewohner der Barmherzigen Brüder von Fachleuten wie beispielsweise Johanna Wettengl vom Caritas-Verband München-Freising. Sie referierte jüngst über die Entstehung des Gesetzes und die fatalen Auswirkungen, die nicht nur der Caritas-Verband, sondern viele andere Behindertenhilfeverbände, Betroffene und Interessensgruppen befürchten. So sei beispielsweise die dringend nötige Abgrenzung zwischen Pflegeleistungen und Teilhabeleistungen nicht geklärt. Ausgerechnet für schwerer und schwerst mehrfach behinderte Menschen könnte das bedeuten, dass sie den Anspruch auf Teilhabeleistungen verlieren.

"Es regnet nicht Kritik, es hagelt Kritik", bestätigte Ewald Schurer bei einer Diskussionsrunde im Oktober in Algasing. Der Bundestagsabgeordneter der Landkreise Erding und Ebersberg, der selbst im Sozialhilfeausschuss der Bundesregierung sitzt, wundert sich aber nicht über den Widerstand. Zwar seien bei der Entwicklung des Gesetzes Experten aus allen Bereichen hinzugezogen worden; beim Schreiben habe man dann aber auf deren Fachwissen verzichtet. "Ein historischer Fehler", wie Schurer sagte. Der Politiker zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass bis zur Beschlussfassung im Bundestag am 2. Dezember noch viele der sage und schreibe 180 Änderungsanträge eingearbeitet werden können. Kritikpunkte werde er auch im weiteren Prozess ins Parlament einbringen, versprach Schurer.

Darauf alleine wollen sich die Betreuten und Mitarbeiter der Barmherzigen Brüder aber nicht verlassen. Begleitet von Betreuungspersonal, werden zwölf Bewohnerinnen und Bewohner aus Algasing und Malseneck nach Berlin reisen, um zusammen mit vielen anderen Betroffenen für ein besseres Bundesteilhabegesetz zu demonstrieren.

© SZ vom 24.10.2016 / SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: