Fachleute empfehlen Bücher statt Apps:Vorsicht vor der giftigen Verwandtschaft

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Sieht aus wie angeknabbert, dabei ist er lebensgefährlich giftig: der Grüne Knollenblätterpilz. (Foto: Bernd Wüstneck/dpa)

Kaum hat die Saison fürs Schwammerlsuchen begonnen, gibt es in Bayern die ersten Pilzvergiftungen. Im Landkreis sollten Sammler auf den Kahlen Krempling, den Knollenblätterpilz und den Karbolchampignon achten

Von Regina Bluhme, Erding

Kaum hat die Schwammerlsaison so richtig begonnen, schon gehen beim Bayerischen Gesundheitsministerium die ersten Meldungen von Pilzvergiftungen ein. Ministerin Melanie Huml fordert jetzt in einer Pressemitteilung: "Hände weg von Pilzen, die man nicht genau kennt!" Im Landkreis Erding können den Sammlern vor allem der Kahle Krempling, der Karbolchampignon und der Grüne Knollenblätterpilz gefährlich werden. Wer einen dieser Pilze verspeist hat, kann nur noch eins machen: Den Giftnotruf wählen.

"Ich weiß, dass ein großes Interesse am Pilzesammeln da ist", sagt Markus Blaschke. Er ist Mitarbeiter der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Freising und arbeitet dort unter anderem als Pilzberater. Vor allem Ältere und Familien mit Kindern gingen gerne auf die Suche nach leckeren Speisepilzen. "Im Landkreis Erding dürfte die Marone sehr häufig verbreitet sein", berichtet Blaschke. Dazu komme noch der Rotfußröhrling und der Perlpilz. Der zuletzt genannte Speisepilz gehöre zur Verwandtschaft des giftigen Knollenblätterpilzes - womit Blaschke auch schon bei den Gefahren des Schwammerlsuchens ist.

Der Grüne Knollenblätterpilz zum Beispiel ist bekanntermaßen hochgiftig, der Verzehr könne bis zum Leberversagen führen, berichtet der Freisinger Pilzexperte. Ebenso gefährlich ist der Kahle Krempling. Der braune Pilz mit eingerolltem Hut könne eine höchstgefährliche allergische Reaktion hervorrufen, bis zum Schock. Der dritte Giftpilz, der Karbolchampignon, könne leicht mit einem Wiesenchampignon verwechselt werden, weiß Markus Blaschke.

Anzeichen einer Pilzvergiftung sind unter anderem Magen- und Darmbeschwerden, Kopfschmerzen, Schwindel oder Schweißausbrüche. Laut Pressemitteilung des Gesundheitsministeriums sind in Bayern rund 100 Pilzarten bekannt, die als gesundheitsschädlich gelten. "Bis zu acht Arten werden sogar als tödlich giftig eingestuft." Da ist es beruhigend zu hören, dass weder Pilzberater Markus Blaschke noch dem Klinikum Landkreis Erding in den letzten Jahren Vergiftungen gemeldet worden sind.

Giftig hin, giftig her: Für das Ökosystem der Wälder leisteten Pilze einen großen Beitrag, weiß Manfred Drobny, Kreisgeschäftsführer des Bund Naturschutz. Sie seien zum Beispiel wegen des Abbaus und der Wiederverwertung von abgestorbenen Pflanzen wichtig.

Ein Schwammerland ist der Landkreis Erding, der waldärmste in ganz Bayern, wohl nicht. Im Holzland gebe es aber durchaus einige Parzellen, wo sich das Suchen lohne, weiß Werner Jurkeit, der sich seit über 40 Jahren mit dem Thema Pilze beschäftigt und derzeit eine Monographie über weltweite neue Pilzarten erstellt. Maronen, Täublinge gebe es sehr wohl, Steinpilze und Pfifferlinge dagegen kaum. Wer sich bei seinem Fund nicht sicher sei, solle auf jeden Fall einen Fachmann zu Rate ziehen, rät Jurkeit. Von Apps und Internet Ratgebern hält der 73-Jährige nicht so viel. Passionierte Sammler sollten sich ein gutes Buch kaufen, das am besten sowohl Zeichnung als auch Fotos liefert, "und dann alles gut durchstudieren".

Für di e Pilzberatung der Bayerischen Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft Freising ist eine telefonische Anmeldung erforderlich unter 08161/71-4930. Wenn nach Pilzverzehr Übelkeit oder Bauchschmerzen auftreten, sollte sofort der Rettungsdienst (Telefon 112) oder den Giftnotruf (089/19240) verständigt werden, rät das Gesundheitsministerium. Wer einmal hunderte Schwammerl begutachten möchte, hat dazu von Freitag, 15. September, bis Sonntag, 17. September, Gelegenheit bei der Pilzausstellung des Vereins für Pilzkunde im Botanischen Garten München.

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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