Volker Grönhagen hat seine eigene Meinung: Dass im September 2015 so viele Flüchtlinge in Deutschland angekommen sind, sei nicht an Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihrem Spruch "Wir schaffen das" gelegen, sondern an den fehlenden finanziellen Mittel der Vereinten Nationen. Das sagte der Leiter des Warteraums Asyl am Fliegerhorst Erding am Montag bei der Diskussionsveranstaltung unter dem Motto "Wir sind Europa" in Bockhorn. Weil zu wenig Geld dagewesen sei, hätten die Menschen in den Kriegs- und Krisengebieten nicht mehr ausreichend versorgt werden können. Grönhagen referierte über die vergangenen zwei Jahre. Er war die meiste Zeit seines Lebens Soldat, unter anderem war er in den Gebieten im Einsatz, aus denen viele Flüchtlinge den Weg nach Europa antreten.
Im September 2015 wurde binnen vier Wochen ein Teil des Fliegerhorst Erding umgebaut, so dass bis zu 5000 Flüchtlinge dort hätten unterkommen können. "Am 19. Oktober gingen wir in Betrieb", erinnert sich der 61-Jährige. Während in der Hochzeit bis zu 3100 Flüchtlinge an einem Tag in Erding angekommen seien, seien es derzeit nur noch zwischen 250 und 500 Asylsuchende, sagte Julia Brückner, die für das Bayerische Rote Kreuz im Flüchtlingscamp arbeitet. Alle Flüchtlinge, die derzeit nach Erding kommen, werden über das Relocation-Programm ausgesucht. Das bereits 2015 beschlossenen Programm sieht vor, 160 000 Flüchtlinge aus Griechenland und Italien auf die übrigen EU-Mitgliedsstaaten zu verteilen. Deutschland nimmt davon 27 500 der Asylsuchenden auf. Grönhagen und Brückner erklärten, dass davon bisher 7000 Flüchtlinge aufgenommen worden seien. Pro Monat kämen aus Griechenland und Italien je 500 Flüchtlinge. Dabei müssen sich die Flüchtlinge bereits in Italien oder Griechenland an die Asylbehörde wenden und einen Antrag auf internationalen Schutz stellen. Sicherheitsdienste in Deutschland würden die Anträge und Personen überprüfen, ehe Deutschland den italienischen und griechischen Behörden die akzeptierten Flüchtlinge melde. Vor der Abreise werde noch eine medizinische Untersuchung durchgeführt. Die Flüchtlinge werden mit Bussen am Münchner Flughafen abgeholt und in den Warteraum gebracht, wo sie erkennungsdienstlich behandelt werden. Die meisten Asylsuchenden würden hier nur einen, höchstens drei Tage verbringen, ehe sie in eine Erstaufnahmeeinrichtung gebracht werden. Derzeit nimmt Bayern nach Nordrhein-Westfahlen am zweitmeisten Flüchtlinge auf: 15,53 Prozent.
Grönhagen sagte, er sei zuversichtlich. Auch wenn der zweite Warteraum in Feldkirchen bei Straubing bereits geschlossen wurde, fühle man sich in der Lage, auch auf einen erneuten Anstieg der Flüchtlingszahlen reagieren zu können. "Es gibt keine Probleme mehr wie in der Anfangsphase", man habe an Routine gewonnen. "Bitte unterstützen Sie uns", forderte Patricia Schuster von der Flüchtlingshilfe Erding. "Auch ich hatte am Anfang Berührungsängste, doch es lohnt sich, seine Scheu zu überwinden." Viele Flüchtlinge wollten in Deutschlandbleiben, ihre Integration sei unabdingbar.