Erstaufnahmelager in Erding:Heimat für ein paar Wochen

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Neue Unterkunft: Die Betten in der Turnhalle (Foto: Renate Schmidt)

Die ersten der erwarteten 200 neuen Flüchtlinge beziehen die Turnhalle der Berufsschule Erding

Von Sebastian Fischer, Erding

Von außen sieht die Herbert-Weinberger-Berufsschule in der Freisinger Straße gerade aus wie eine Baustelle: Bauzäune umranden das Gelände an seiner Nordseite, mit weißen, blickdichten Planen umspannt. Drinnen, in den Gängen der Schule, ist sie tatsächlich eine Baustelle: Handwerker hämmern und bohren. Nur in der von Bauzäunen verdeckten Turnhalle, da ist die Schule zurzeit: eine Heimat. 100 Flüchtlinge ziehen dort vorübergehend ein, sie kommen alle aus dem Ankunftszentrum in München. Am Donnerstagnachmittag sollte der erste Bus mit etwa 50 Menschen ankommen, ein weiterer mit noch einmal 50 wurde für den Abend erwartet.

Die blickdichten Planen sollen die Neuankömmlinge von der Baustelle trennen, begründet das Landratsamt die etwas befremdlich wirkende Maßnahme. Sie sollen den Flüchtlingen etwas Privatsphäre gewähren, - wenn so etwas möglich ist bei so vielen Menschen auf so wenig Fläche. Auch wenn die Flüchtlinge die Turnhalle so bald wie möglich wieder verlassen sollen, um in dauerhafte Quartiere umzuziehen, sollen sie sich willkommen fühlen. Am Donnerstagabend gab es deshalb auch erst einmal etwas zu essen: Hähnchenschenkel mit Gemüsereis. Der Caterer ist bis zum 17. September gebucht.

Die Flüchtlinge müssen in Erding noch einmal medizinisch untersucht werden, auch wenn sie den ersten ärztlichen Check bereits in München absolviert haben. Außerdem sollten am Donnerstag ihre persönlichen Daten aufgenommen werden. Weil sich die Busse am verspäteten - geplant war die Ankunft der ersten 50 eigentlich für 15 Uhr, später heißt es dann 17 Uhr - finden die medizinischen Untersuchungen nach Angaben des Landratsamts erst am Freitag statt. Sie werden von Mitarbeitern des Gesundheitsamtes durchgeführt.

Sechs Helfer deckten am frühen Nachmittag noch die Tische im Zelt gleich neben der Turnhalle, wo die Flüchtlinge an Biertischen und auf Bierbänken essen. Die Helfer schleppten Getränke und fuhren Besteck in Rollwagen durch die Gänge der benachbarten Fachoberschule. Drei Sicherheitsleute bewachten das Gelände. Später kamen Mitarbeiter des Landratsamtes, Übersetzer und Sanitäter des Bayerischen Roten Kreuz und der Malteser hinzu.

Die Organisation sei aufgrund der Erfahrungen aus dem Vorjahr Routine, erklärte die Sprecherin des Landratsamtes. Am Donnerstag erhielten die Flüchtlinge ihre Erstausstattung mit Bettzeug, außerdem hielten die Helfer unter anderem Windeln und Babynahrung bereit. Von November 2014 bis Anfang Januar dieses Jahres war die Turnhalle der Berufsschule schon einmal Notquartier. Da in den vergangenen Tagen nach Auskunft der Bezirksregierung etwa 600 Menschen pro Tag in München eingetroffen sind, müssen Unterkünfte in den umliegenden Landkreisen die Erstaufnahmestellen entlasten. Bereits 1900 Flüchtlinge sind in 13 vorübergehend eingerichtete Notunterkünfte in Oberbayern gebracht worden. Erding erklärte sich bereit, von zunächst geplanten 300 Flüchtlingen 200 aufzunehmen. Am kommenden Montag sollen die nächsten 100 eintreffen.

© SZ vom 07.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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