Erdinger Stadtrat:Braucht's das wirklich?

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In der Notbetreuung in der Taufkirchener Mittelschule gibt es bereits Luftreinigungsgeräte. (Foto: Renate Schmidt)

Erdinger Stadtrat stimmt trotz Vorbehalte für Lüftungsgeräte für Schulen

Von Antonia Steiger, Erding

Ohne Enthusiasmus hat der Erdinger Stadtrat am Montag beschlossen, sämtliche Klassenzimmer in allen Schulen, für die die Stadt Erding zuständig ist, mit Luftreinigungsgeräten auszustatten. Man folgt damit der Linie des Landkreises, der für die Schulen in seiner Trägerschaft 370 große und 90 kleine Geräte bestellt hat. Trotz flächendeckender Rufe nach einer optimalen Lufthygiene rechnen einige Stadträte jedoch damit, dass die Teile nicht eingeschaltet werden. Im Rathaus sei ein Gerät zur Besichtigung herumgestanden, sagte OB Max Gotz (CSU). "Die Begeisterung hat sich in Grenzen gehalten", habe er festgestellt. Auch er gehe davon aus, dass viele nicht eingeschaltet werden. Die Stadt komme aber nicht aus, glaubt er. "Dem Druck werden wir nicht standhalten, wenn wir die Anschaffung nicht beschließen."

Es gibt zweifelsohne Gründe für den Kauf der etwa achtzig Geräte: Die Virenlast lässt sich senken, die Schulen würden unter anderem dank dieser Anschaffung wieder Präsenzunterricht anbieten. Es gibt aber auch Gründe, die gegen den Kauf sprechen, unter anderem diese Ahnung davon, dass sie nicht eingeschaltet werden. Zum einen ist da die Lärmbelastung, die der SPD-Stadtrat Stefan Grabrucker, selbst Lehrer am Korbinian-Aigner-Gymnasium, allerdings für erträglich hält. "Lieber Unterricht unter einer Lärmbelastung als gar kein Präsenzunterricht." Die Geräte seien "ein Puzzleteil von vielen", damit die Schule wieder funktioniere. Die Lehrer seien geschult, in der Praxis habe sich gezeigt, dass sich die Virenlast verringere.

Andere gehen von Widerständen in der Lehrerschaft aus. So sagte der FDP-Stadtrat und Augenarzt Rainer Vogl, er habe mit einer Schule telefoniert und gehört, man wolle die Geräte gar nicht. Vogl sagte, es gebe aus wissenschaftlicher Sicht keine Gründe für eine flächendeckende Anschaffungen. Anfangs hätten Luftreinigungsgeräte nur in Ausnahmefällen für sinnvoll gegolten, "und diese wissenschaftlichen Regularien haben sich nicht geändert". Zudem müssten die Geräte mit Filter und Handschuhen gewartet werden, und dass die Hausmeister dies auch täten, da ist sich Vogl offenbar nicht ganz sicher. "Das ist ein Problem", findet er.

Dennoch war von Anfang an klar, dass die Stadt Erding die Geräte kaufen wird, das hatte Gotz klar gemacht. Aufgrund einer ganz aktuellen Änderung müsse die Stadt Erding den Auftrag mit einem Volumen von 180 000 bis 200 000 Euro nicht europaweit, sondern nur national ausschreiben, sagte er. Das werde zwar nicht so lange dauern wie bei einer europaweiten Ausschreibung, meinte Gotz auf Nachfrage von Thomas Schmidbauer (Erding Jetzt). "Aber recht viel schneller wird es auch nicht gehen." Zudem sei er gespannt, wie er sagte, wie sich die Lieferfristen gestalteten, da nun auf der ganzen Welt Luftreinigungsgeräte angeschafft werden sollen, was sich auf die Preise auswirken könnte.

Keiner im Stadtrat ließ Zweifel daran, dass man die Kinder und Jugendlichen im Blick behalten müsse, wie es Benedikt Hoigt (Freie Wähler) sagte. Und dass die Geräte ein Baustein von vielen seien, damit Kinder trotz Coronavirus wieder in die Schule gehen können. Es gebe im Moment keine Alternative, fügte Petra Bauernfeind (Freie Wähler) an. Auf eine Frage von Herbert Maier (Grüne) bestätigte Stadtbaumeister Sebastian Henrich, dass die frisch sanierte Mittelschule am Lodererplatz keine Geräte benötige, weil sie über ein eigenes Lüftungssystem verfüge. Dass alle Schulen mit solchen Systemen ausgerüstet werden, wie es Maier vorgeschlagen hatte, hielt Henrich für abwegig wegen der tiefen Eingriffe in die Bausubstanz, die nötig wären, und die Millionenbeträge, die zu investieren wären. Auch die Grünen stimmten für die Anschaffung von Luftreinigungsgeräte, weil keine bessere Lösung verfügbar sei. Maier wies darauf hin, dass für eine bessere Lufthygiene trotzdem die Fenster geöffnet werden müssten und dass die Geräte alles andere als klimafreundlich seien.

Gotz hatte von Anfang an dazu aufgefordert, auch im Hinblick auf die Klimabelastung einen kritischen Blick auf die Thematik zu werfen, worin ihm viele Stadträte gefolgt sind. Aus seiner eigenen Partei meldete sich aber auch ein Befürworter: CSU-Sprecher Burkhard Köppen betonte, es sei wichtig, dass man aufgrund der erhöhten Infektiosität des mutierten Virus Vorbereitungen treffe. Denn auch in der warmen Jahreszeit bleibe das Virus gefährlich. Er hält zudem ein Lüftungskonzept für "extrem wichtig". Trockene Luft und eine geringe Virenlast bedeuteten nicht automatisch mehr Sicherheit, sagte Köppen. Die Klassenzimmer müssten trotzdem regelmäßig gelüftet werden. Am Ende stellte sich der gesamte Stadtrat hinter den Antrag aus der Verwaltung, die Geräte zu beschaffen. Dem Stadtrat sei über das weitere Vorgehen zu berichten, ließ OB Gotz aber ausdrücklich noch in den Beschluss hineinschreiben.

© SZ vom 24.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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