Erdinger Kammerorchester:Musizieren mit den Händen

Lesezeit: 2 min

Helmut Veihelmann hört nach 21 Jahren als Dirigent - und bleibt als Cellist

Von Regina Bluhme, Erding

"Der Dirigent ist immer an allem schuld." Diesen Satz habe er gelernt, sagt Helmut Veihelmann und lacht. 21 Jahre hat er das Erdinger Kammerorchester erfolgreich geführt. Da ist es sicher auch seine Schuld, dass die Konzerte gut besucht waren. Vor kurzem hat der 69-Jährige das Dirigentenamt aufgegeben. Dem Erdinger Ensemble bleibt der ehemalige Solist des Symphonieorchesters des Bayerischen Rundfunks weiter als Cellist treu.

Mit Dirigieren hatte Helmut Veihelmann nach eigenen Worten "eigentlich nichts am Hut." Als Cellist bei den BR-Symphonikern habe er ja "auf der anderen Seite" gearbeitet. Von 1975 bis 2013 war Veihelmann Mitglied des Symphonie-Orchesters. Dort spielte er unter anderem unter Sir Colin Davis, Lorin Maazel und zuletzt Mariss Jansons. Als Gastdirigenten lernte er zudem Leonard Bernstein und Sir Simon Rattle kennen. Auf der ganzen Welt war er mit dem Symphonie-Orchester unterwegs, "ganz viel in Japan, da fühlten wir uns schon fast wie zuhause", berichtet Veihelmann, der seit 1989 in Erding lebt. "Der Liebe wegen", wie er verrät. Seine Frau ist Kirchenmusikerin Regina Doll-Veihelmann.

Das Erdinger Kammerorchester, gegründet 1959, hat laut Veihelmann aktuell ein Stamm von circa 20 Mitgliedern, "darunter sind professionell ausgebildete Musiker sowie Schüler aus den eigenen Reihen, Berufsmusiker ebenso wie Hobbymusiker." Von seinen vier Kindern spielt Tochter Charlotte ebenfalls mit. Einmal habe ihn der damalige Dirigent des Kammerorchesters, Wolfgang Gieron, um eine Vertretung gebeten. "Ein bisschen aufgeregt war ich schon", erinnert sich Veihelmann. Spaß habe es aber gemacht und nach einer Bedenkzeit übernahm er 1996 das Dirigentenamt. Einiges habe er sich bei den Dirigenten der Symphoniker abgeschaut, "und wie man einen Drei-Viertel-Takt schlägt habe ich auch bald herausbekommen." Eins wusste er auch: "Es ist wichtig, einen Plan zu haben, eine genaue Vorstellung, wie das Stück klingen soll."

Ein Dirigent habe zudem Einfluss auf den Klang, das Zuspiel, den Rhythmus, das Tempo und die Intonation des Orchesters. "Und die Motivation ist eigentlich das Wichtigste", betont er. Bei den Proben dürfe bei aller Ernsthaftigkeit der Spaß nicht zu kurz kommen. Er habe auf Humor und einen umgänglichen Ton gesetzt, so Veihelmann. Offensichtlich der richtige Weg, "es hat sich noch niemand beschwert." Einen Dirigentenstab habe er nicht benutzt. "Ich finde, man sollte mit den Händen weniger den Takt schlagen, sondern vielmehr mit ihnen musizieren." Bei der Auswahl der Stücke sei ihm wichtig gewesen, "auch mal etwas Neues anzubieten, etwas das technisch fordert".

Mindestens vier Mal im Jahr gibt das Erdinger Kammerorchester Konzerte. Erst jüngst das "Sommermärchen" mit der zehnjährigen Solistin Cosima Heilmaier. Das Erdinger Publikum nennt Veihelmann "sehr aufgeschlossen, freundlich gesinnt und treu". Einer der Höhepunkte war für ihn das Konzert zum 50-jährigen Bestehen des Erdinger Kammerorchesters, bei dem ein Werk von Leo Grüner, dem ehemaligen Chorleiter von St. Vinzenz, zur Aufführung kam. Und dann die Weihnachtskonzerte in St. Johann: "Die Stimmung ist jedes Mal unvergesslich". Nun gibt Veihelmann das Dirigentenamt ab. "Irgendwann muss mal Schluss sein", sagt er. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, Platz zu machen für einen Wechsel. "Das tut dem Orchester gut." Mit Alexander Scholz, Musiklehrer am Erdinger Korbinian-Aigner-Gymnasium, habe sich ein idealer Nachfolger gefunden. "Er ist beliebt, sympathisch, vom Fach und voll anerkannt", lobt Veihelmann. Dem Erdinger Kammerorchester bleibt er als Cellist erhalten. Die erste Probe unter dem neuen Dirigenten Alexander Scholz hat er bereits absolviert. "Es war sehr entspannend", berichtet er.

© SZ vom 20.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: