Erdinger Geschichte:Ausgebeutet und vergessen

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Zwei Fotos von sehr jungen Menschen, die von den Nazis zur Zwangsarbeiter in den Landkreis Erding verschleppt wurden. (Foto: geschichte-erding.de/oh)

Das Bündnis "Gesicht für Gesicht" erinnert an NS-Zwangsarbeiter

Das Aktionsbündnis "Gesicht für Gesicht" des Historikers Giulio Salvati lädt an diesem und am kommenden Samstag zu zwei Veranstaltungen, die an das Schicksal der vielen tausend NS-Zwangsarbeiter im Landkreis Erding erinnern. Am Samstag, 8. Mai, dem Tag der Befreiung vom Nationsozialismus und des Ende des Zweiten Weltkriegs vor 76 Jahren, beginnt um 11 Uhr eine öffentliche Kundgebung am Erdinger Schrannenplatz. Am Samstag, 15. Mai, 10 Uhr, findet ein öffentlicher und gemeinsamer, etwa 1,5 Kilometer langer Erinnerungsgang in Eichenkofen zum Ort des ehemaligen Zwangsarbeiterlager statt. Das Ziel ist, insbesondere an die etwa 4000 sowjetische und polnische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter im Landkreis zu erinnern, die in der NS-Rassenskala als "Untermenschen" galten.

Insgesamt kamen mehr als 8000 Menschen zwischen 1939 und 1945 größtenteils unter Zwang aus dem Ausland in den Landkreis. Zwangsarbeit war ein unerlässlicher Faktor für die deutsche Kriegswirtschaft. Bis 1941 waren es einige hundert französische Kriegsgefangene und belgische Vertragsarbeiter. Von 1942 an waren es immer mehr Menschen aus Osteuropa, "ganze Dörfer und Familien mit Kleinkindern", schreibt Salvati in der Ankündigung. Im ganzen Landkreis waren sie allgegenwärtig, vom Friseursalon in der Erdinger Innenstadt über die Ziegelei Meindl in Dorfen bis zur Moosbahn im Erdinger Moos. Viele von ihnen sind hier gestorben und einige auch ermordet worden.

Salvati und sein Team von erding-geschichte.de haben die Gedenkveranstaltungen in Kooperation mit der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Pax Christi und dem Bündnis "Bunt statt Braun" organisiert. Die Künstlerin Margrit Hohenberger hat ein Konzept entworfen, wie am Samstag am Schrannenplatz hunderte Fotos gezeigt werden können, um die Ausgebeuteten und Vergessenen wieder sichtbar zu machen. Neben Ansprachen und Wortbeiträgen, die in die Thematik einführen, wird Andreas Bialas Lieder singen und die Musikerfamilie Loechle Klezmer-Musik spielen.

Am Samstag in einer Woche führt ein gemeinsamer Erinnerungsgang zum Ort des ehemaligen Zwangsarbeitslagers bei Eichenkofen. Bei einer Gedenkfeier wird dort an die circa 800 Menschen erinnert, die dort leben mussten, um in Erding Zwangsarbeit zu leisten. Zudem wird ein Denkmal des Holzbildhauers Wolfgang Fritz enthüllt.

© SZ vom 07.05.2021 / flo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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