Erdinger Amateurfunker:Signale aus aller Welt

Lesezeit: 3 min

Philipp Springer hat schon mit zwölf Jahren angefangen, das Morse-Funken zu lernen. Jetzt kann er so schnell Morsen, dass seine Kollegen ihn manchmal kaum verstehen können. (Foto: Fritz Penzenstadler/oh)

Der Ortsverband gewinnt deutschlandweit Wettbewerbe. Nun steht er vor einer unsicheren Zukunft. Es ist unklar, was mit dem Klubraum auf dem Fliegerhorstgelände passiert, wenn das Militär abzieht

Von Zoë Kögler, Erding

Zuerst rauscht es noch stark, als Philipp Springer versucht, Kontakt mit der Welt aufzunehmen. Aber langsam, nachdem er die Antenne korrekt ausgerichtet hat, wird die Stimme des anderen klarer. Springer kann verstehen, woher sein Gesprächspartner kommt, aus A6. Das bedeutet: den Vereinigten Arabischen Emiraten. Die beiden unterhalten sich kurz, dann schreibt sich Springer die Daten des anderen Funkers auf, um eine QSL-Karte schicken zu können. Eine Art Postkarte zur Bestätigung eines Kontaktes zwischen zwei Funkern. Dann beendet er den Kontakt.

Springer hat vor gut zehn Jahren mit dem Funken angefangen. Er ist einer der über 120 Amateurfunker des Ortsverbandes Erding C25. Der Verband in Erding sei sehr aktiv und belebe die Frequenzen, sagt Stephanie Heine vom Deutschen Amateur-Radio-Club (DARC), dem Dachverband der Amateurfunker, dem Erding angehört. Zurzeit belege der Verband bei der Klubmeisterschaft 2017 den ersten Platz in Deutschland: "Es stehen aber noch Wettbewerbe aus, die in die Wertung mit eingehen", sagt Heine. Zuletzt belegten die Erdinger 2015 den ersten Platz. Vielen mache eben dieser Wettbewerb Spaß, betont Springer. Manchmal müsse man spezielle Länder in einer gewissen Zeit anfunken, manchmal möglichst viele.

Ob die Erdinger Funker auch in Zukunft so erfolgreich sein können, das ist derzeit ungewiss. Ihr angemieteter Klubraum befindet sich auf dem Gelände des Fliegerhorstes Erding. Das Militär, das den Stützpunkt seit 1956 nutzt, wird den Fliegerhorst voraussichtlich 2021 verlassen. Für die Zeit danach hat die Stadt Pläne für das Gelände. Was dann mit dem Klubheim der Funker geschieht, wissen sie nicht. Ihr Wunsch sei es, einen Klubraum bei der Stadt zu bekommen, erklärt Fritz Penzenstadler, Presse-Referent des Ortsverbands Erding und selbst Funker. Es gebe zwei wichtige Voraussetzungen: Die Funker müssten die Antennen auf dem Dach anbringen, "und zu krummen Zeiten reinkommen können", sagt Penzenstadler. Das sei vor allem bei den Wettbewerben wichtig, die auch mal 48 Stunden am Stück dauern könnten.

Ihren jetzigen Raum haben die Funker durch einen ehemaligen Kollegen von der Bundeswehr bekommen. Sie seien sehr privilegiert, so einen Klubraum zu haben, gibt Penzenstadler zu. Die Mitglieder seien sehr aktiv, das wiederum fördere das Vereinsleben. Es sei einfach wichtig, Leute ins Haus zu bringen und die Leute selbst Hand an die Technik anlegen zu lassen. Dazu gehören auch Kinder, zum Beispiel bei der Aktion Ferienspaß, an der die Erdinger Amateurfunker regelmäßig teilnehmen. Hier können die Kinder erste Versuche beim Löten machen und auch selbst funken. Das ist unter Aufsicht erlaubt, wenn die Kinder das Ausbildungsrufzeichen verwenden. Jugendarbeit würde einfach Spaß machen, findet Markus Grundner, ein weiterer Amateurfunker.

Andere Amateurfunker wiederum haben einfach Spaß daran, sich mit der Technik auszutoben, erzählt Penzenstadler. Wieder andere würden gerne Fremdsprachen trainieren. Ein Mitglied habe beispielsweise mit russischen Funkern Russisch geübt. Manche würden sich auch zu einer bestimmten Uhrzeit treffen, um zu ratschen, sagt er. "Das ist deren Facebook", findet Grundner. Außerdem bestehe die Möglichkeit, Leute kennenzulernen, sagt Springer. Er selbst bekam einmal eine Einladung zu Freunden in der Karibik. Nur den Flug musste er selbst bezahlen.

Das Funken kann aber auch einen ernsten Hintergrund bekommen, vor allem in Krisen: Normalerweise dürfen die Amateurfunker keine Nachrichten für oder an Dritte weitergeben, die nicht den Amateurfunkdienst betreffen. Diese Regel gilt aber nicht bei Notfällen. "Dann sind wir sogar dazu verpflichtet, zu helfen", erklärt Springer. Auch in den Bergen, wenn es zu Notfällen kommt, seien Funkamateure sehr wichtig.

Um Funk senden zu dürfen, müssen angehende Amateurfunker eine Prüfung zu Technik, Gesetzen und betrieblichen Kenntnissen bei der Bundesnetzagentur ablegen. Funk empfangen dagegen dürfe jeder, erklärt Grundner, auch ohne Lizenz. Sobald ein Amateurfunker die Prüfung bestanden hat, bekommt er sein persönliches Rufzeichen zugeteilt. Um eine Lizenz zum Funken zu erwerben, gebe es kein Mindestalter, sagt Grundner. Für die Einsteigerlizenz müsse man schon ein halbes Jahr lernen. Wie viel Spaß es mache, für den Technikteil zu lernen, das sei abhängig vom Interesse. Die Gesetze empfand er allerdings als etwas trocken, gibt er zu.

© SZ vom 20.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: